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Archiv-Artikel

UNTERFICKT UND DANN AUCH NOCH SCHLECHTES DEUTSCH Männer, ihr habt voll versagt!

JACINTA NANDI

Mit meiner amerikanischen Freundin Zara und unserem deutschen Kumpel Danny sitze ich in der Hasenheide.

„Ich bin voll unterfickt!“, sagt Zara. Danny guckt ein bisschen genervt von ihr

„Zara“, sagt er. „Weißt du nicht, dass das Wort ‚unterfickt‘ voll eine krasse Beleidigung ist? Männer sagen das über Frauen, um sie zu beleidigen. Und du sagst das über dich selbst?“

„Aber es stimmt voll“, sagt Zara „Ich bin voll unterfickt. Ich habe seit Jahren keinen Sex gehabt. Also ich darf das schon sagen, oder? Ich beleidige mich selbst.“

Ehrlich gesagt verstehe ich überhaupt nicht, warum die deutschen Männer das als Beleidigung über Frauen sagen. Sie sagen es ständig. Ich meine, wer ist eigentlich verpflichtet, uns Frauen zu ficken, wenn nicht die Männer? Genau. Also, wer ist schuld, wenn eine Frau unterfickt ist? Exakt: die Männer. Ihr seid schuld, ihr beleidigt euch selber! Das ist genauso, wie wenn sich Deutsche drüber aufregen, wie schlecht Ausländer Deutsch sprechen. Ich meine: Wer ist denn verpflichtet, uns Deutsch beizubringen, wenn nicht die Deutschen? Wenn Ausländer nicht Deutsch können, seid ihr daran schuld. Ihr beleidigt euch selber.

Ich bin übrigens auch voll unterfickt. Ich bin eine voll unterfickte Ausländerin, die nicht gut Deutsch kann. Schämt euch, deutsche Männer, ich bin der lebende Beweis dafür, dass ihr voll versagt habt.

„Ich bin auch voll unterfickt“, sage ich Danny. „Ihr Weiber“, seufzt er. „Ihr Hetero-Frauen mit euren hungrigen Vaginas, die alles auffressen wollen. Ihr seid Vampire!“ Zara und ich kichern, total geschmeichelt, dass Danny uns gegenüber frauenfeindlich sein will. Es ist immer so schmeichelhaft, wenn deine schwulen Kumpels dir gegenüber frauenfeindlich werden.

„Aber du hättest gerne selbst eine Vagina, oder?“, fragt Zara. Danny sieht total angeekelt aus. „Nein!“, ruft er. „Ich will keine Vagina. Das mit dem Blut und so, geht mir weg damit, das will ich nicht in meiner Nähe!“

Zara und ich kichern noch geschmeichelter als zuvor, und dann erzähle ich ihm von diesem braunen Saft, der aus der Muschi kommt, nachdem man ein Kind bekommen hat. „Das ist sehr braun“, sage ich. „Nicht wie Kacke, eher wie Rost. Eine schöne Farbe. Aber wie das riecht! Wie Abwasser.“ Danny sieht so aus, als müsse er sich gleich übergeben. „Hör auf, Jacinta!“, sagt er. „Willst du, dass ich jetzt hier kotze?“ Ich lächele zufrieden.

Wir sitzen in der Sonne und alle schweigen. Ich sehe einer alten Flaschensammlerin zu, die arme Frau, sie ist zu alt für so was. Zara fängt wieder damit an: „Ich bin so unterfickt“, sagt sie. „Ich kann das im ganzen Körper spüren. Ich brauche Sex. Ich kann diese Verbrennung in meinem Unterleib spüren, eine tiefe Leere, die gefüllt werden muss. Ich bin so was von unterfickt. Unterfickter geht kaum.“

DIE FÜNFTAGEVORSCHAU | KOLUMNE@TAZ.DE

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Überraschung!

Dienstag

Deniz Yücel

Besser

Danny zündet sich eine Zigarette an. Er sagt nix.

„Kann man überfickt sein?“, frage ich Danny. Er lacht. „Nee“, sagt er. „Man kann nicht überfickt sein. Das weißt du doch, oder?“

„Ja“, sage ich. Das weiß ich doch.