UNSINNIGER SCHLEUSER-AUSSCHUSS: CDU WILL PROSTITUIERTE NUTZEN : So bleibt man Opposition
Im Parlamentsjargon heißt er „Schleuser-Ausschuss“: Es ist wohl einer der seltsamsten Untersuchungsausschüsse, der je beantragt wurde. Schließlich soll ein Untersuchungsausschuss etwas untersuchen. Doch diesmal gibt es nichts mehr zu erforschen. Das Auswärtige Amt hat die lasche Visapraxis in Kiew verschärft, die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen Menschenhändler; es sind Gerichtsurteile ergangen, und der Bundestag hat mehrmals debattiert.
Das weiß auch die Union, sie will ja auch nur den grünen Außenminister Joschka Fischer beschädigen. Da sich aber kein Skandal aufdecken lässt, wo es keinen gibt – muss die Union den Aufreger selbst schaffen. Fantasien schweifen schon. Einige CDU-Abgeordnete erwägen, osteuropäische Prostituierte einzuladen. Vor den Kameras sollen sie dann erzählen, wie der Außenminister ihr Leben zerstört hat, weil sein Amt zeitweilig Menschenhandel erleichtert hat. Die Schönen und das Biest, was für ein Stoff für den Boulevard.
Dieses Kalkül ist nicht nur schäbig, es dürfte vor allem weltfremd sein. Illegale Prostitution ist kein Skandal in Deutschland, sondern tolerierte Praxis. Das hat zuletzt die Affäre Friedman gezeigt: Der Moderator und CDU-Politiker geriet in die Schlagzeilen, weil er erstens Kokain geschnüffelt hatte und zweitens mit mehreren Frauen gleichzeitig im Hotelbett angetroffen wurde. Diese simultane Polygamie erregte – nicht die Tatsache, dass seine Gespielinnen aus Osteuropa stammten.
Diese öffentliche Gleichgültigkeit kennen die Frauenministerien bestens, die seit Jahren versuchen, die Zwangsprostitution zu bekämpfen: Die Medien zeigen sich nur wenig interessierter als bei so bodenständigen Projekten wie „Mädchen in Männerberufen“. Prostitution wird auch von „normalen“ Männer massenhaft nachgefragt. Das beeinflusst die Wahrnehmung.
Die Union scheint Skandale umgekehrt proportional zu den BürgerInnen zu empfinden: Wenn sich fast alle erregen – wie bei den Nebeneinkünften –, moderiert die CDU ab. Doch wo niemand großes Interesse entwickelt – wie beim Schleuser-Ausschuss –, da vermutet die Union den Aufreger. So bleibt man Opposition. ULRIKE HERRMANN