: UNO zieht sich aus Sarajevo zurück
■ Gefechte in der bosnischen Hauptstadt verschärfen sich
Belgrad/Sarajevo/New York (afp) — Angesichts verschärfter Kämpfe in Bosnien-Herzegowina hat sich die UN-Schutztruppe UNPROFOR am Wochenende bis auf eine Minimalbesetzung von knapp hundert Mann aus Sarajevo zurückgezogen und nach Belgrad abgesetzt. Der Appell des UN-Sicherheitsrats zu einer sofortigen Waffenruhe blieb praktisch ohne Folgen. Im Gegenteil: Nach dem Abzug des ersten von zwei UNPROFOR-Konvois aus Sarajevo intensivierten sich am Samstag die Straßenkämpfe und der Artilleriebeschuß in der bosnischen Hauptstadt.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen richtete am Freitag abend nicht nur den dringenden Appell an alle Konfliktparteien zur Einhaltung von Waffenruhe. Er forderte außerdem neben der Auflösung aller irregulären Kampfverbände den Rückzug der jugoslawischen Armee und der kroatischen Streitkräfte aus Bosnien-Herzegowina. Damit wurde erstmals die Präsenz von kroatischen Einheiten in Bosnien von der Weltorganisation angesprochen. Speziell diesen Passus der einstimmig angenommenen Resolution 752 wertete das Außenministerium des aus Serbien und Montenegro bestehenden Rest-Jugoslawiens am Samstag als „Bemühen um äußerste Objektivität in der jugoslawischen Krise“. Belgrad kritisierte erneut die angeblich einseitig prokroatische Haltung der EG und der KSZE.
Bei den Kämpfen und Artilleriegefechten in Sarajevo wurden am Samstag auf bosnischer Seite mindestens sieben Menschen getötet und weitere 32 verletzt. Die auf Angaben von Notärzten beruhenden Zahlen sind unvollständig. Einem Polizeisprecher zufolge scheiterte der Versuch der serbischen Truppen, die westlich gelegenen Viertel vom Stadtzentrum abzuschotten.
Die vorläufige Bilanz des schweren Zwischenfalls vom Freitag abend in Tuzla nördlich von Sarajevo verschlimmerte sich nach einem Bericht der Belgrader Zeitung 'Politika‘ auf 19 Tote. 15 jugoslawische Soldaten und vier Männer der bosnischen Streitkräfte seien getötet, über 50 verletzt worden. Außerdem seien neun mit Munition beladene Fahrzeuge explodiert. Die bosnischen Einheiten hatten nach Serbien abziehende Armee-Einheiten angehalten, weil sie entgegen den Vereinbarungen schwere Waffen mit sich führten.
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