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Archiv-Artikel

UNION PRÄSENTIERT KOPFPAUSCHALE, DIE KEINE IST Ganz oder gar nicht

Angela Merkel hat verloren, Horst Seehofer gewonnen: Die Kopfpauschale ist tot. Fürs Erste jedenfalls und nur, wenn das stimmt, was die CDU seit Tagen durchsickern lässt. Denn das ist eine halbe Kopfpauschale und somit zwar das, was mathematisch wie ein gelungener Kompromiss aussieht. Ausnahmsweise aber haben die Arbeitgeberfreunde bei der CDU Recht: Die Kopfpauschale macht man wenn, dann ganz. Oder gar nicht. Halb geht nicht.

Das war von vornherein die Stärke des Kopfpauschalen-Gegners Seehofer: Schon ein kleiner CSU-Verhandlungserfolg würde Merkels Umbauplan so schädigen, dass sie sich damit unmöglich machen würde. Genau das ist geschehen: Wer den Arbeitgeberanteil an der Gesundheitsfinanzierung zwar deckelt, aber als prozentualen Beitrag erhält, ruiniert die Hoffnung der Wirtschaftslobby auf komplette Abkopplung der Gesundheits- von den Lohnkosten. Nur eine echte Pauschale hätte die Aussicht geboten, das Gesundheitssystem im zweiten Schritt zu privatisieren. Eine bloße Deckelung ihrer Anteile können sich die Arbeitgeber auch bei den Bürgerversicherern abholen. Die Grünen haben bereits recht auffällig damit gewunken.

Der vorliegende Kopfpauschalen-Kompromiss taugt bestenfalls dazu, dass Merkel auf dem anstehenden Parteitag Gesicht wahren kann. Denn bis dahin werden ihn die Delegierten genauso wenig kapiert haben, wie sie vergangenes Jahr die Tragweite ihrer Entscheidung für die Kopfpauschale verstanden. Einen Wahlkampf bestreitet man damit nicht. Gesundheitspolitik ist schwierig genug, aber was die Union nun hervorgebracht hat, werden noch nicht einmal die Experten verteidigen.

Applaus also für Seehofer. Doch die Bürgerversicherer sollten nicht zu laut jubilieren. Der Kampf ist nur vorläufig entschieden. Er war großenteils symbolisch, denn noch regiert die Union nicht, und ein derart gewaltiges Reformprojekt braucht ewig. Aber es hat sich gezeigt, wie wenige Anhänger eines solidarischen, öffentlichen Gesundheitssystems es bei CDU und CSU noch gibt. Schon aus Rache wird die Unionsmehrheit sie jetzt noch weiter abdrängen. ULRIKE WINKELMANN