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■ UN-Minenkonferenz in Wien geplatztAn der humanen Mine gescheitert

Da hatten sich die westlichen Vormächte so eine schöne Strategie ausgedacht, und nun sind sie trotzdem gescheitert. Der Kern der Argumentation von Westeuropäern und Nordamerikanern bei der UN- Minenkonferenz war: Es gibt gute Minen und böse Minen. Täglich sterben Kinder beim Spielen, Frauen beim Wasserholen und Männer bei der Feldarbeit durch Minen – eine millionenfache Hinterlassenschaft der Stellvertreterkriege in der Dritten Welt während der letzten 50 Jahre. Um diese Verseuchung zu bekämpfen, fordern das Internationale Rote Kreuz, diverse Hilfsorganisationen und UN-Generalsekretär Butros Ghali ein völliges Verbot aller Landminen.

Darauf wollte sich der Westen nicht einlassen. Statt dessen präsentierten die Industrienationen technische Innovationen. Minen mit Selbstzerstörungsmechanismus, technische Wunderwaffen, die garantiert nur auf militärische Ziele reagieren, mit einem Wort: die gute Mine. Verboten werden sollten die bösen Minen. Böse Minen sind Billigware, die Jahrzehnte herumliegen und immer noch hochgehen können, Plastikminen, die durch Metalldetektoren nicht aufgespürt werden können, und Minen, die als Kinderspielzeug getarnt direkt gegen Zivilisten gerichtet sind.

Doch die scheinbar einleuchtende Unterscheidung hat zwei große Haken. Erstens bestreiten Fachleute, daß die technischen Wunderwaffen tatsächlich zwischen Zivilisten und Militärs unterscheiden können und der Selbstzerstörungsmechanismus auch immer funktioniert. Wichtiger aber ist der zweite Einwand: Für Länder wie China, Indien, Mexiko oder Pakistan ist die Unterscheidung in gute und böse Minen nichts anderes als eine Festlegung auf Produktionsstandorte. Ihre Minen sollen verboten werden, wogegen der Westen seine High-Tech-Ware weiter produzieren darf. Es kann nicht überraschen, daß diese Länder die Unterscheidung zwischen guten und bösen Minen nicht mitmachen wollen. Wenn es den Humanisten im Westen tatsächlich ernst ist, gibt es nur eine Möglichkeit: Landminen müssen geächtet werden, und zwar alle. Jürgen Gottschlich

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