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Tschetschenen wollen jetzt alle Geiseln freilassen

■ Russische Polizisten und Arbeiter sollen im Austausch gegen Kämpfer freikommem

Grosny/Moskau (AFP/AP/ dpa) – Die tschetschenischen Geiselnehmer wollen heute alle Zivilisten freilassen, die sie seit ihrer Aktion in Dagestan noch in ihrer Gewalt haben. Das sagte der Anführer der Geiselnehmer, Salman Radujew. Er und seine Gefolgsleute hielten gestern in einem Keller im Osten Tschetscheniens noch etwa 50 Zivilisten fest. 28 russische Polizisten, die nach einem Angriff auf eine Luftwaffenbasis vor zwei Wochen gefangengenommen wurden, kämen aber erst frei, wenn die russischen Truppen alle Tschetschenen freiließen, die sie bei den Kämpfen um das Dorf Perwomaiskaja gefangengenommen hatten.

Die Moskauer Nachrichtenagentur Interfax berichtete, die von Rußland eingesetzte Regierung in Tschetschenien habe Kontakt zu den Entführern von neunundzwanzig russischen Arbeitern eines Kraftwerkes. Die Geiselnehmer seien Anhänger des von Moskau nicht anerkannten Präsidenten Dschochar Dudajew. Auch diese Geiseln, die in der Nähe von Nowogrosny im Osten Tschetscheniens festgehalten werden, sollen gegen tschetschenische Gefangene ausgetauscht werden. Unterdessen gingen die Anschläge tschetschenischer Rebellen weiter. Gestern griffen Unabhängigkeitskämpfer in Grosny einen russischen Militärkonvoi mit einem Granatwerfer an. Dabei wurden drei Angehörige der dem russischen Innenministerium unterstellten Omon-Truppen verletzt. Am Sonntag hatten in den Städten Grosny, Schali und Argun jeweils 200 bis 300 Menschen an Versammlungen mit Gesandten Dudajews teilgenommen und den Abzug der russischen Truppen aus der Kaukasusrepublik gefordert. Der Ex-General und Präsidentschaftskandidat Alexander Lebed bezeichnete den russischen Angriff auf Perwomaiskaja als eine „nationale Schande. Präsident Boris Jelzin hat nicht das Recht, voller Schuld zu erklären, wie großartig die Operation geplant war“, sagte Lebed. Nach russischen Angaben waren bei der Eroberung von Perwomaiskaja 82 von etwa 120 Geiseln befreit worden.

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