: Strukturelle Gewalt -betr.: Berichterstattung über den Fall Akan
Betr.: Berichterstattung über den Fall Akan
Ungeachtet der Frage, wo und an welcher Stelle hier mit den nun bekannt gewordenen tragischen Folgen geschlampt worden ist, ist doch festzustellen, daß seit Jahren geradezu kampagnenhaft von besonders Unberufenen immer wieder die Sozialhilfepraxis, der Sozialhilfehaushalt und das Sozialressort ins Fadenkreuz genommen werden.
Da wird nicht nur an den Stammtischen der Mißbrauch der Hilfe vor allem von Asylbewerbern bemüht, dazu wird die „verschwenderische“ bremische Sozialhilfe angeprangert, die „Unkalkulierbarkeit der Kostenentwicklung“ wird zum Buhmann des Verlustes der bremischen politischen Eigenständigkeit aufgeblasen – dies alles führt letztlich bei den Sozialhilfepolitikern und -verwaltern zur permanenten Rechtfertigung der Ausgabenentwicklung vor Bürgerschaft, Senat, Deputationen und anderen erlauchten Gremien. „Mengengerüste“ der Entwicklung der Sozialhilfeausgaben werden eingeklagt, als wenn sich die zu erwartende Flüchtlingsentwicklung, die Arbeitsmarktentwicklung in Bremen oder gar das medizinische Erfordernis einer Lebertransplantation wie der Kauf von Äpfeln und Birnen quantifizieren ließen...
Als faktisches Ergebnis einer solchen „finanzpolitischen Rechtfertigungstreibjagd“ auf das Sozialressort ist bei vielen Mitarbeitern der Eindruck hinterblieben, daß für jede im Hause Soziales auszugebende Mark der Segen des Hauses Finanzen eingeholt werden müsse. Vor diesem Hintergrund ist es nicht mehr verwunderlich, wenn bei der Entscheidung über 350.000 DM für die Transplantation einer Leber verwaltungsmäßiger Kleinmut, Ängstlichkeit und Halbherzigkeit regieren und die Verantwortung über solche vergleichsweise geringen Summen lieber der „höher bezahlten Einsicht“ von Vorgesetzten überlassen wird. Wie war das noch mit dem Zusammenhang von „struktureller Gewalt“ und deren Umschlag in... Wolf D. Klatt
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