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Archiv-Artikel

Stadtbroschüre wirbt für Nazigeschäft

Die Broschüre soll eine Visitenkarte sein. „Herzlich willkommen“ schreibt Otto Matzenauer (parteilos), Bürgermeister im niedersächsischen Bad Lauterberg, im Grußwort: „Ich freue mich, Ihnen die neue Fassung der Bürgerinformation vorstellen zu dürfen.“ Kaum ist die hochwertig daher kommende Publikation erschienen, ist die Freude darüber auch schon wieder getrübt: Auf Seite 27 findet sich eine große Anzeige des örtlichen, unter Neonazis sehr beliebten Tattoo-Ladens „Zettel am Zeh“.

„Das ist mehr als nur unglücklich“, sagt Matzenauer der taz. Dass diese Werbung zwischen Informationen über den Kurort im Harz und das örtliche Vereinsleben veröffentlich ist, verstimmt den Bürgermeister – nicht zuletzt, weil er seit Jahren immer wieder offen sagt: „Wir haben hier eine feste Szene.“

„Wir haben die Texte natürlich korrigiert“, sagt er über das Zustandekommen der Broschüre. Die Anzeigen allerdings „hat eine Firma eingeholt“, und so seien sie „leider“ nicht von der Stadtverwaltung überprüft worden.

Seit mehr als zwei Jahren bereits gibt es den Laden, in dem die Neonazi-Szene ein- und ausgeht. Aus gut 30 Kameraden soll der harte Kern vor Ort bestehen. Eine der wichtigen Figuren in der Region: Oliver Keudel, Sänger und Gitarrist der Rechtsrockband „Agitator“. Ihr Lied mit dem Titel „Das Lied“ ist verboten, wird aber von den rechtsextremen Fans dennoch gerne gehört. Im Refrain grölt Keudel: „Ich bin mit Leib und Seele Nazi und ich weiß mit Sicherheit: Für mich kann’s nix Schöneres geben, ich bleib Nazi für alle Zeit!“ Freuen dürfte sich über die Werbung zudem auch der NPD-Ratsherr Michael Hahn.

Allem Ärger zum Trotz: Wirkliche Schadensbegrenzung scheint sich die Stadtverwaltung nicht leisten zu wollen: Die Broschüre zurückzuziehen kann sich Matzenauer jedenfalls nicht vorstellen. „Einstampfen, neu auflegen“, fragt er, „wer soll das denn bezahlen?“