: Spionageprozeß gegen türkischen Dolmetscher eröffnet
Hamburg (ap) - Ein Spionageverfahren gegen einen türkischen Dolmetscher aus Hamburg hat am Dienstag vor dem 3. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts begonnen. Dem 60jährigen wird vorgeworfen, als Sozialhelfer der Justizbehörde von 1988 bis Anfang 1990 Informationen über inhaftierte Türken und Kurden aus dem Untersuchungsgefängnis Holstenglacis an den türkischen Geheimdienst geliefert zu haben. Am ersten Verhandlungstag legte der Angeklagte ein weitgehendes Geständnis ab. Im Konsulat seines Landes sei er 1988 darauf angesprochen worden, ob er nicht Daten über Landsleute liefern könne, die gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen hatten. Ihm sei versichert worden, daß die türkischen Behörden bei der Heroinbekämpfung eng mit deutschen Behörden zusammenarbeiten würden. Später seien ihm dann auch Informationen über politisch motivierte Häftlinge abverlangt worden. Da habe er aber nicht mehr „aussteigen“ können.
Der Angeklagte beteuerte, er habe nicht gewollt, daß den Betroffenen später in der Türkei Gerichtsverfahren oder gar die Folter drohten. Hier äußerte der Vorsitzende Richter Zweifel. Er stützte sich dabei auf den Wortlaut abgehörter Telefonate, wo sich der Angeklagte bei seinem Verbindungsmann über das Schicksal von abgeschobenen Gefangenen erkundigt hatte. Das Urteil wird am Donnerstag erwartet.
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