: Sind die etablierten Parteien regierungsfähig?
Im Zusammenhang mit den Beschlüssen des Magdeburger Parteitages von Bündnis 90/Die Grünen wird jetzt von unterschiedlicher Seite die Frage nach der Regierungsfähigkeit der Bündnisgrünen gestellt. Hierbei ist vorweg zu klären, was denn den Maßstab für das Prädikat „regierungsfähig“ bildet. Wenn die derzeitigen Regierungsparteien als Meßlatte dienen, dann ist die Frage mit einem uneingeschränkten „Ja“ zu beantworten.
Den Bündnisgrünen wird beispielsweise die schrittweise Anhebung des Beninzpreises auf fünf Mark vorgeworfen. Die CDU hat mit ihrem Sozialabbau einen schrittweisen Anstieg der Arbeitslosenzahlen auf über fünf Millionen erreicht – regierungsfähig?
Die CSU schert sich einen Dreck um bundesdeutsches Abtreibungsrecht und beschreitet einen bayerischen Sonderweg in dieser Frage – regierungsfähig?
Die FDP setzt mit der Drohung des Koalitionsbruchs die Solisenkung durch, ohne eine tragfähige Gegenfinanzierung der Einnahmeausfälle für die dringenden Transferleistungen in die ostdeutschen Bundesländer vorzulegen – regierungsfähig?
Schon an diesen Beispielen wird deutlich: Wenn die jetzigen Regierungsparteien als „regierungsfähig“ gelten, dann trifft dies auf die Bündnisgrünen auch zu. Bleibt die mögliche zukünftige Regierungspartei SPD als Vergleichsmaßstab. Doch hat diese Partei beim Grundrecht auf Asyl ureigene sozialdemokratische Positionen aufgegeben und verschiebt die Umsetzung eigener Beschlüsse zum Ausstieg aus der Kernenergie immer wieder auf den St. Nimmerleinstag – regierungsfähig?
Sind Bündnis 90/Die Grünen regierungsfähig? Ja, wenn ich mir die anderen Parteien ansehe. Und jedenfalls „Ja“, wenn versucht wird, als neutrales Bewertungskriterium beispielsweise die Ehrlichkeit den Wählerinnen und Wählern gegenüber einzuführen. Bei den Bündnisgrünen weiß ich vorher, was mich später erwartet – bei den etablierten Parteien weiß ich nur, daß es wohl nicht das ist, was sie vorher verkündet haben! Peter Wolters, Meerdorf
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