piwik no script img

Simone Schmollack übrigensTrump, die DDR und die Sprachpolizei

Foto: Barbara Dietl

Was regen sich denn alle so auf, dass US-Präsident Donald Trump bestimmte Wörter nicht mehr lesen will? Climate crisis zum Beispiel, also Klimakrise. Oder commercial sex worker, man könnte auch einfach sagen: Prostituierte. Oder immigrants. Man braucht diese Wörter nicht, das Leben schnurrt auch ohne sie vor sich hin.

So wie in der DDR. Klima­krise? Ach wo. So was gab es in der DDR nicht – wozu also ein Wort erfinden für etwas, das gar nicht existiert? Oder Prostituierte. Das klingt voll obszön – und wäre den Genossen nie über die Lippen gekommen. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass der eine oder andere Genosse das eine oder andere Mal aushäusigen Sex hatte – aber Sex für Geld? So etwas konnte nur dem bösen Klassenfeind einfallen. Im Sozialismus lief das anders: Die Staatsführung schickte „Hostessen“ auf die Leipziger Messen, sie stellten unter Beweis, was die Geschäftsleute aus dem nichtsozialistischen Ausland ahnten, aber nie zu hoffen wagten: Die DDR ist arm, aber sexy. In der DDR gab es auch keine Immigranten, es gab nur Vertragsarbeiter, und die kamen aus Vietnam, Angola, Kuba, Mosambik, Algerien. Das waren zwar Männer und Frauen – aber muss man da gleich gendern? Übrigens ein weiteres Wort auf Trumps Verbotsliste. In der DDR bestanden Frauen, die auf Lehramt studierten – und das waren mehr als Männer – darauf, zu sagen: Ich bin Lehrer.

Zwar mussten in der DDR alle Russisch lernen, aber war es deshalb angemessen, „unsere sowjetischen Freunde“ einfach Russen zu nennen? Auch „Zone“ war kein schönes Wort für die Deutsche Demokratische Republik, so was gehörte sich einfach nicht. Und den Genossen Kurt Hager als „Chefideologen“ zu bezeichnen, grenzte schon an Verunglimpfung.

Simone Schmol­lack

leitet das taz-Meinungsressort.

Bei einem Wort aber wird es kompliziert: Frauen. Das wurde viel verwendet in der DDR – ohne Frauen wäre damals nichts gegangen. Trump indes lässt Frauen aus dem ihm genehmen Vokabular streichen. Das klingt nicht so nett, aber nett sein geht eben nicht immer: In dem Sauladen muss doch mal jemand aufräumen, nur die Harten kommen indenGarten.

Hat Trump bedacht, dass er und seine virilen Bros schwul werden könnten?

Aber hat Trump bedacht, dass er und seine virilen Bros dadurch schwul werden? Wenn Frauen nicht existieren, mit wem sind seine Jungs dann verheiratet? Wohl doch nur mit einem anderen Mann. Oder mit einer Person, die non-binary, transgender, LGBTQ oder einfach queer ist? Das hat nicht mal Erich Honecker geschafft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen