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Archiv-Artikel

Sean-Patric Braun empfiehlt: Pere Ubu

Cleveland, Ohio: Eine Industriestadt. Stahlwerke, Rüstungsfabriken. Mittendrin eine Gruppe Menschen, die mehr wollen. Smarte Spinner, die nicht aufs College fliehen, windige Jobs annehmen, um möglichst viel zusammen abhängen zu können. Sie und Gleichgesinnte in den Nachbarstädten werden Bands gründen, die „Devo“ heißen, „Dead Boys“, „DNA“ oder „Pere Ubu“. Ein Fixpunkt der Szene: ein dicker Kerl mit Afrofrisur namens David Thomas, der als Rausschmeißer jobbt und ein Doppelleben als Crocus Behemoth führt: Seine Band heißt „Rocket From The Tomb“. Ihre letzte Show spielt die Band 1975 auf einem Hardrockfestival. Um ihre Musik zu retten, bestellt David Thomas seinen Gitarristen Peter Laughner in den Übungsraum, den Stahlarbeiter Tom Herman, Tim Wright, der erst Bass lernen muss, Allen Ravenstein, weil der einen analogen Synthesizer hat, und Schlagzeuger Scott Krauss. Sie nennen sich „Pere Ubu“ nach Alfred Jarrys Prä-Surrealismus-Klassiker, weil „höchstwahrscheinlich niemand etwas mit dem Namen anfangen konnte“. Im Laufe ihrer Bandgeschichte lösen sich „Pere Ubu“ mehrmals auf und finden immer wieder zusammen. So bescheren sie uns seit über dreißig Jahren wunderbare Alben und Konzerte. Wegen ihrer skurrilen Art, der quengelnden Stimme von David Thomas und personeller Überschneidungen zur Londoner Avantgarde-Jazz-Szene werden „Pere Ubu“ oft mit Etiketten wie Artrock oder Avantgarde belegt. Thomas wehrt sich seit Jahren gegen diese Klassifizierung und tut bis heute alles, um sein Publikum aus den Träumen vom „genialen Musiker“ zu reißen. Die Musik ist zerrissen, patchworkartig greifen die Instrumente ineinander, ohne den Eindruck zu erwecken, es handele sich um freie Improvisation. Sehr spannend!

Montag, 20.30 Uhr, Schwankhalle

Fotohinweis: SEAN-PATRIC BRAUN, Veranstalter bei Kogge-Pop und Zett-Redakteur