Schulreformen : Ein absurdes Nullsummenspiel
Traurig ist das schon. Da stellen die Grünen ein Bündel sinnvoller Ideen vor, die Generationen von Berliner Kindern einen weiteren Horizont ermöglichen könnten. Und das finale Argument der Oppositionspartei lautet: „Fiskalisch sind unsere Vorschläge ein Nullsummenspiel.“ Die Aussage belegt, wie politische Debatten derzeit geführt werden. Irgendwann reduziert sich jedes noch so komplexe Thema auf die Frage „Bezahlbar oder nicht bezahlbar?“ Wer dem Dogma nicht folgt, läuft Gefahr, als Spinner diskreditiert zu werden.
Kommentar von ULRICH SCHULTE
Gerade wenn es um Kitas und Schulen geht, offenbart sich jedoch ein weiteres Drama, das über die Pflicht hinausgeht, bei jedem Vorschlag die centgenaue Gegenrechnung gleich mitzuliefern. Denn was Bildungsexperten wünschen, muss zunächst die Finanzler überzeugen – ohne Geld geht es eben nicht. Leider sind ihre Chancen gering, denn beide Politikdisziplinen sprechen verschiedene Sprachen.
Zunächst agieren sie in anderen Zeiträumen. Ein Finanzpolitiker hat den nächsten Doppelhaushalt im Blick, allenfalls die mittelfristige Planung. Bildungspolitiker denken weiter. Wenn heute Reformen in den Schulen angeschoben werden, haben vor allem die Kinder etwas davon, die erst geboren werden. In der Zahlenwelt lassen sich Erträge bis auf die Nachkommastelle berechnen. Investitionen in Bildung bringen Effekte, die sich nur vage vorhersagen lassen.
Es geht also um eine grundsätzliche Kommunikationsstörung. Sie ließ sich in der Koalition gut beobachten, wenn der Bildungssenator mit der Forderung nach mehr Lehrern vorpreschte – und kurz darauf beim Finanzsenator abblitzte. Dass der Umbau des Bildungssystems nicht gelingt, liegt also am konsequenten Aneinander-Vorbeireden – so traurig das ist.