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Schlammbecken in Brandenburg dioxinverseucht

■ Extrem hohe Werte / Ursache noch ungeklärt / Gelände im Besitz der Treuhand war ungesichert / Kapazitätsprobleme bei der Entsorgung des Bodens

Potsdam (taz) – Die Schlammbecken bei Seeburg (Kreis Potsdam-Mittelmark) weisen die höchste Dioxin-Konzentration auf, die jemals in derartigen Anlagen gemessen wurde. In sieben Becken wurden Werte bis zu 6.500 Nanogramm pro Kilogramm Boden gemessen. Der Dioxin-Grenzwert für Kinderspielplätze liegt bei 100 Nanogramm. Die gemessene Konzentration gehört nach einer Pressemitteilung des Landratsamtes Potsdam-Mittelmark „in die Spitzengruppe der Dioxinmessungen der BRD“. Über 5.500 Kubikmeter Klärschlamm müssen jetzt entsorgt werden.

Die Schlammbecken sind den als Abwasserfilter dienenden Rieselfeldern vorgelagert. Der Abteilungsleiter für Abfallwirtschaft im brandenburgischen Umweltministerium, Bernhard Remde, vermutet, daß die Dioxin-Verschmutzung durch illegal abgelagerten Abfall entstanden ist – und zwar vor 1990. „Diese Dioxin-Belastung kann nicht als normal angesehen werden. Das Dioxin ist nicht auf natürliche Weise in die Becken gelangt“, sagte Remde gestern in Potsdam.

Die Verseuchung wurde im Rahmen einer Untersuchung der Betreiberin der Anlagen – der Berliner Wasserbetriebe (BWB) – im Dezember letzten Jahres festgestellt. Eigentümerin der Flächen ist die Treuhand. Die BWB hat jedoch Restitionsansprüche auf die Rieselfelder rund um Berlin gestellt und wollte vor der Übertragung die Qualität der Becken überprüfen. Die Felder wurden in den letzten Jahren mit Abwässern aus Westberlin und dem Kreis Potsdam beschickt.

Abteilungsleiter Remde befürchtet, daß Anwohner aus den Schlammbecken Erde zum Düngen der Gärten entnommen haben. Die Becken waren frei zugänglich. Zudem wird überprüft, ob auf den inzwischen bewachsenen Becken Kinder gespielt haben. Mit Sicherheit sei das Gelände häufig von Spaziergängern besucht worden, so Remde. Die Ortschaft Seeberg liegt nur wenige hundert Meter von den Sammelbecken entfernt. Jens Feddern von der BWB schließt aus, daß Dioxin bereits in das Grundwasser gesickert ist.

Inzwischen sind die Rieselfelder auf Anordnung des Umweltministeriums umzäunt worden. Warnschilder werden jedoch erst in den nächsten Tagen aufgestellt. Das Gelände wird ständig feuchtgehalten, um eine Verwehung des mit Dioxin verseuchten Bodens zu verhindern. „Die Entsorgung des Bodens wird aber ein Problem sein, da nirgendwo Kapazitäten freistehen“, meinte Remde.

In Brandenburg sollen jetzt alle Rieselfelder auf Dioxin und andere Schadstoffe untersucht werden. Anja Sprogies

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