: Schily und Schoppe benennen Mängel der eigenen Partei
■ Bundesversammlung als schweren Rückschlag bezeichnet / „Doktrinäre Zwangsvorstellungen“ verurteilt / Schily für Zusammenarbeit mit SPD / Schoppe dementiert bevorstehende Spaltung
Baden–Baden/Frankfurt (ap) - Der Grünen–Bundestagsabgeordnete Otto Schily sieht seine Partei nicht im Konkurs, wertet ihre Oldenburger Bundesversammlung aber als schweren Rückschlag. Im Südwestfunk sagte Schily am Sonntag, es gebe bei den Grünen eine relativ kleine Gruppe, die sich nicht von doktrinären Zwangsvorstellungen befreien könne. Bei der Atomenergie gehe es für ihn nicht darum, die Forderung nach dem sofortigen Ausstieg abzulehnen, sondern zu prüfen, auf welchem Weg diese Forderung durchsetzbar sei. Wenn sich die Grünen auf dem Feld der Energiepolitik beispielsweise einer Zusammenarbeit mit der SPD in Hamburg verweigerten, vergingen noch viele Jahre, ehe überhaupt mit dem Ausstieg aus der Atomenergie begonnen werden könne. In der Hansestadt wie auch bei anderen Wahlen habe die Partei der Grünen eine große Chance vertan, meinte Schily. Die Grünen müßten einen vernünftigen Mittelweg zwischen Utopie und Praxis finden. Die Partei habe Schwierigkeiten, Individualität zu verstehen. Eine entscheidende Frage sei, ob die Grünen sich ihr Wahrnehmungsvermögen für die Gesellschaft erhalten könnten oder nicht. Die Fraktionssprecherin der Grünen, Waltraud Schoppe, räumte im Hessischen Rundfunk ein, daß sich die Partei in einer Krise befinde. Dies sei eine Wachstumskrise, ihre Partei sei sehr schnell groß geworden und in Ämter hineingekommen. Dafür zahlten die Grünen jetzt ihren Preis. Eine Spaltung stehe allerdings nicht bevor, betonte sie.
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