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Schießen für die letzten Frontverschiebungen

■ Heftige Kämpfe in Bosnien kurz vor Inkrafttreten des Waffenstillstandes / Beratungen in Genf über Rußlands Beteiligung an künftigen Friedenstruppen

Sarajevo (AP/AFP/rtr) – Die bosnischen Serben haben gestern nach Angaben des bosnischen Rundfunks ein Lager muslimischer Flüchtlinge bei Tuzla angegriffen und mindestens sechs Menschen getötet, darunter vier Kinder. Rund 30 Menschen seien verletzt worden. Das Krankenhaus in Tuzla bestätigte, daß zahlreiche Verletzte eingeliefert worden seien. Bereits zuvor waren heftige Kämpfe aus dem Nordwesten Bosniens gemeldet worden.

UN-Sprecherin Myriam Sochacki bestätigte gestern, bosnische Regierungstruppen hätten eine Gegenoffensive bei Bosanska Krupa begonnen, rund 80 Kilometer westlich von Banja Luka. Dabei würden sie von kroatischer Artillerie unterstützt. In der von den Regierungstruppen gehaltenen Stadt Zenica trafen 450 muslimische Zivilisten ein, die nach eigenen Angaben aus ihren Häusern in Banja Luka, Bosanski Novi und Prijedor vertrieben worden waren. Die heftigen Kämpfe stellen nach Einschätzung von Beobachtern beider Seiten den Versuch dar, bis zum Waffenstillstand die eigene Position auf dem Schlachtfeld für die Verhandlungen zu stärken.

Trotz der Kämpfe verbesserten sich die Chancen, daß die vereinbarte Waffenruhe tatsächlich morgen in Kraft treten kann. Bosniens Ministerpräsident Haris Silajdzić sagte, der von den USA vermittelte Waffenstillstand werde nicht an technischen Problemen scheitern. Seine Regierung beharre nicht mehr darauf, daß die Stromversorgung Sarajevos pünktlich zustande komme. Die Arbeiten an den Stromleitungen für die bosnische Hauptstadt waren am Wochenende in vollem Gange. Auch wenn es bei ihrer Fertigstellung zu Verzögerungen komme, werde sich die Regierung an das Abkommen halten, sagte Silajdzić.

UN-Sprecherin Sochacki sagte, es werde ein bis zwei Tage dauern, die um Sarajevo herum angelegten Minenfelder zu räumen, und zwei bis drei weitere Tage, um die Leitungen zu reparieren. Sie kündigte an, daß auch die Versorgungsroute in die UN-Schutzzone Goražde von Minen geräumt werden soll.

Unterdessen berieten gestern die Verteidigungsminister der USA und Rußlands, William Perry und Pawel Gratschow, in Genf über eine Beteiligung Rußlands an der künftigen Friedenstruppe für Bosnien. Perry hatte bei seinem Eintreffen in Genf betont, die Nato sei sehr an einer russischen Beteiligung interessiert, wolle aber auf keinen Fall die Kommandogewalt über die Friedenstruppe mit Rußland teilen. Die russische Seite hatte wissen lassen, daß sie keine Truppen unter Nato-Befehl stellen werde. Über die Ergebnisse der Verhandlungen wurde bis Redaktionsschluß nichts bekannt.

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