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■ ScheibengerichtHazel O'Connor

„Private Wars“ (Epic/Sony)

Das Leben, ein kurzer Film über den Erfolg. „Breaking Glass“ schob einen neuen Star in die Arena. Nicht, wie geplant, Lene Lovich, sondern Hazel O'Connor spielte die kleine Punkerin Kate. Sie steuerte bei dieser praktischen Gelegenheit auch gleich ihre Songs bei, etwa „Will You“ und „If Only“.

1995 und fünfzehn Jahre danach ist für Hazel alles ganz anders. Liegt es daran, daß sie jetzt 37 ist und als Punk mit Irokesen oder Rrriot Girl im Trägerkleidchen leicht debil wirken könnte? Liegt es an Fen-Chi, Hazels neuer Meditationstechnik? „Private Wars“ ist ein schönes Album, auch weil die Ohren nicht gleich salutieren müssen. Kein Vollwaschgang in den Medien, unbefangen kann man sich hingeben und erkennen: Nichts ist unmöglich. Diese scheinbar whiskeybeseelte Mickey- Mouse-Stimme, diese herbe Leidensmiene, dieses Cape, auf dem unsichtbar „Um Mitternacht auf dem Friedhof“ geschrieben steht! Und dann dieses Landhaus nahe Dublin! Natürlich erinnert sich Trauerbäuerin Hazel melancholisch ans frühere Wild life in L.A. Und anderswo, aber immer häufiger schlägt die erfolgte Läuterung durch. Eingangs: „In the heat of the night/ we were shiny“. Ausgangs: „May the sun shine 'til we meet again“, und „May the Lord of life always protect you“.

Klingt so ganz ohne ein bißchen platt, also spinnen wir Fädchen. Hazel O'Connor hat augenscheinlich die Souveränität freier Radikaler erlangt. Sie muß sich nicht entscheiden, ob sie nun Folk singen oder doch lieber am Fuße der glitzernden Show-Treppe, gleich neben dem weißen Klavier, ein Chanson darbieten möchte. Streicher, Orgel und perlendes Piano satt, großzügig geschnittene Backing Vocals, flotte Soul- und Jazzsätze („My World“), dann wieder Violine, Bass und Gitarren aller Betriebsart. Warum auch sparen statt genießen? Tatsächlich geht alles auf „Private Wars“, ein irisch- traditionelles „She moves through the fair“ ebenso wie das makabre „Never thought“, wo Brecht und Weill an der „Ballade pour Adeline“ gefallen finden und Alpträumer Tim Burton ein Pizzicato aus „Nightmare before Christmas“ spielt. Hazel O'Connor setzt die Tradition auf Barhocker. Wo Sandy Denny die Fiedel fallen lassen mußte, läßt O'Connor sie aufheben und ebenso psychedelisch mit E-Gitarre umwerben wie die jung verunglückte „The Lady she...“ von Fairport Convention. Und siehe da, verschwunden ist Hazels erkältetes Timbre!

Dies ist eins von ihren Rollenspielen. Ein anderes heißt „Spiel mir das Lied vom gefallenen Mädchen“, welches, anstelle „Conversation from a Barstool“ zu betreiben, allerlei unternehmen täte, wenn es denn nur ein paar Dollar mehr hätte. Die Rückkehr des klassischen Brustwickel-Alts. „Private Wars“ wechselt mit schöner Verläßlichkeit von Moll zu Dur, von großer Geste zu Selbstbescheidung und umgekehrt und spiegelt, nomen est omen, in „privaten Kriegen“ die großen, weltumspannenden. Aufstände gären, und „war is never won“, beteuert O'Connor. Kein Grund, ihr und ihren pantheistisch-sittlich inspirierten Liedern nicht zu glauben. Die mittelspäte Hazel lustwandelt zwischen Spaß und Botschaft wie eine wachsame Parze, die ihren Frieden mit sich geschlossen hat. Wie hieß es doch im Film „Grüne Tomaten“ so treffend? „Wir sind jünger und schöner!“ – „Aber ich habe die bessere Versicherung!“ O'Connor hat den besseren tonalen Überblick. Vielleicht war es ja ein Wink aus der Zukunft, daß ich früher bei „Hazel“ immer Haselstrauch assoziierte.

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