SVEN HANSEN ÜBER NICHT MEHR NACHWEISBARE US-HILFEN IN AFGHANISTAN : Hilfsgelder für die Kriegführung
Afghanistans massives Korruptionsproblem ist bekannt. Staatliche Dienstleistungen sind ohne Bakschisch kaum erhältlich. Und wo die Hälfte des Bruttosozialprodukts im illegalen Drogensektor erwirtschaftet wird, haben manche viel Geld, um sich alles zu erkaufen. Afghanistan nimmt im jüngsten Korruptionsindex von Transparency International (mit Birma) den vorletzten Platz ein. Ruft Außenminister Westerwelle wie jetzt die afghanische Regierung zu stärkerer Korruptionsbekämpfung auf, ist das so naheliegend wie wohlfeil.
Doch leider versäumte Westerwelle, auch Afghanistans Geldgeber aufzufordern, bei ihren massiven Transfers Buchhaltungsstandards einzuhalten und so Spielräume für Korruption einzudämmen. Der Krieg in Afghanistan wird nicht nur mit Waffen geführt. Schon 2001 verteilte das US-Militär dort Dollarpakete, um Warlords gefügig zu machen. Seitdem gehört Geld unter verschiedenen Titeln zur Kriegführung und trägt nicht nur zur Verbreitung der Korruption, sondern auch zur Untergrabung westlicher Glaubwürdigkeit bei.
Seit 2001 flossen Milliarden Hilfsgelder nach Afghanistan wie an dort arbeitende internationale Organisationen und Firmen. Auch weil die militärische Intervention immer aussichtsloser und unbeliebter wurde, wurde die Entwicklungshilfe ausgedehnt. Das schuf ein großes Mittelabflussproblem und machte viele Projekte sehr teuer.
Wie jetzt ein US-Prüfbericht zeigt, ist oft nicht mehr nachweisbar, wohin die Gelder flossen. Wahrscheinlich profitierten auch Warlords, Drogenhändler, die Taliban und korrupte Politiker davon. Damit sind diese Gelder kein Teil der Konfliktlösung, sondern Teil des Problems. Zur Korruption gehört nicht nur derjenige, der nimmt, sondern auch derjenige, der gibt – und sei es nur fahrlässig.
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