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Archiv-Artikel

STROMKONZERN VATTENFALL WILL DEN AUSSTIEG AUS DEM ATOMAUSSTIEG Rendite statt Klimaschutz

Vattenfall will seinen umstrittenen Reaktor in Brunsbüttel länger laufen lassen als geplant. Doch es geht um mehr. Der Konzern rüttelt unverblümt am beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie. Vereinbarungen wie der Atomkonsens müssten unter veränderten Bedingungen neu diskutiert werden, sagte der Chef der deutschen Vattenfall-Tochter, Klaus Rauscher. Das Argument, das er ebenso wie seine Kollegen von RWE und EnBW nutzt, heißt Klimawandel. Um den beherrschbar zu halten, muss Kohlendioxid eingespart werden. Weil das bei der Stromproduktion in Atomkraftwerken nicht anfalle, sollen diese weiterlaufen.

Richtig ist: Es wäre für das Weltklima fatal, wenn Länder wie China und Indien ihren steigenden Energiebedarf allein mit fossiler Energie decken würden. Doch Atomenergie ist dabei nicht die Lösung. Die gut 400 Reaktoren weltweit erzeugen nur 3 Prozent der global verbrauchten Energie. Allein um diesen Anteil zu halten, müssten hunderte altersschwache neue Meiler in den kommenden Jahrzehnten ersetzt werden. Um eine wichtigere Rolle zu spielen, müsste die Zahl der Neubauten in den vierstelligen Bereich gehen – mit wachsender Wahrscheinlichkeit für Störfälle.

Das Klimaargument taugt für die deutschen Atomkraftwerke überdies nicht. Der Strom aus Brunsbüttel oder Biblis geht schließlich nicht nach China. Und in Deutschland herrscht kein Mangel an Strom. 2006 haben die hiesigen Kraftwerke trotz kräftigen Wirtschaftswachstums so viel davon erzeugt, dass 20 Milliarden Kilowattstunden ins Ausland exportiert werden konnten. Das entspricht der Strommenge, die in den Atomkraftwerke Biblis A, Neckarwestheim 1 und Brunsbüttel zusammen gewonnen wurde. Dass die Betreiber nun diese drei Reaktoren weiterlaufen lassen wollen, hat nur einen Grund: Der Strom aus den alten Meilern bringt den Konzernen weiterhin Einnahmen, die Investitionen sind weitestgehend abgeschrieben. Es geht also um Rendite. Das Streben danach ist Unternehmen nicht vorzuwerfen. Sie sollten es aber nicht unter einem klimapolitischen Mäntelchen zu verbergen suchen. STEPHAN KOSCH