„STARKE SCHULE“ : Aufbau Bayern
Sie sind diejenigen, die es nach der Grundschule nicht geschafft haben, deren Notenschnitt nicht für den streng vorgeschriebenen Numerus clausus der Realschule gereicht hat, geschweige denn für einen Platz im Gymnasium, neben Arztsohn und Journalistentochter.
Als „frustrierte Fünftklässler“ kommen sie zu ihm, sagt Jürgen Walther, der Schulleiter der Mittelschule an der Wiesentfelser Straße in München. Die Grundschule hat ihnen nicht beigebracht, richtig zu rechnen oder zu schreiben. An sich zu glauben erst recht nicht.
Walthers Schule ist das, was man selbst im sich bildungsidyllisch verklärenden Bayern als Brennpunktschule bezeichnen würde. 80 Prozent der Schüler haben einen Migrationshintergrund, die Hälfte spricht nur unzureichend Deutsch. Und trotzdem: Alle machen einen Abschluss. Die Hälfte von ihnen immerhin findet direkt eine betriebliche Ausbildung. Über die Abgehängten, die zu ihm kommen, sagt Walther: „Unsere Schüler sind starke Schüler.“
Und seine Schule ist eine „starke Schule“: So jedenfalls heißt der Preis, den Bundespräsident Joachim Gauck diese Woche an die Münchener überreichte. Früher hieß der Preis: Deutscher Hauptschulpreis, aber dann begannen Bildungspolitiker aller Länder das unschöne Etikett auszutauschen. Sperrig ist die Auszeichnung nun „Deutschlands besten Schulen, die zur Ausbildungsreife führen“, zugedacht.
Trommelkurse, Stadtrallye
Zur Ausbildungsreife führen – für Schulleiter Walther und seine Kollegen heißt das zunächst einmal, Aufbauarbeit zu leisten. Trommelkurse, Stadtrallyes, Workshops mit Künstlern: Den Frustrierten soll die Schule wieder schmackhaft gemacht werden. Ab der Klasse 7 setzt eine intensive Berufsvorbereitung ein. Ehemalige Hauptschüler, die erfolgreich im Beruf sind, die es zu etwas gebracht haben, kommen in die Klassen. Die Schüler erhalten persönliche Mentoren aus einem Lehrberuf, der sie interessiert. Schon früh schnuppern sie so in Betriebe hinein.
Geheimwissen ist das nicht, geheimnisvoll bleibt höchstens, warum viele Betriebe klagen, Lehrstellenbewerber seien nicht ausbildungsreif. BERND KRAMER