STARALBUM: PATRICIA ARQUETTE : Die Fürsorgliche
Patricia Arquette wurde Mutter, bevor sie Mutter wurde. Im Juli 2002 begannen die Dreharbeiten zu Richard Linklaters Lowbudget-Projekt „Boyhood“ – 143 Szenen in 39 Tagen. Im Film verkörpert Arquette die Alleinerziehende Olivia, die nach der Scheidung vom Vater der beiden Kinder (Ethan Hawke) immer wieder an die falschen Männer gerät. Bei Drehstart war Arquette im dritten Monat schwanger, 2003 wurde Arquettes Tochter Harlow geboren. Ihre erste Scheidung, von Nicolas Cage, hatte Arquette da schon hinter sich. Eine weitere – Stand heute – sollte folgen.
2014 läuft die Produktion im Wettbewerb der Berlinale – nach Dreharbeiten über 12 Jahre, in denen die Schauspieler ein Doppelleben führten: 51 Wochen im Jahr ihr eigenes und eine knappe Woche das ihrer Figuren. „Ethan und ich sind in der Zeit einfach nur alt geworden“, resümiert Arquette bei der Pressekonferenz am Potsdamer Platz. „Aber es war ein Segen, diese magischen jungen Menschen aufwachsen zu sehen.“ Einziger Nachteil: Sie habe an ihrem Gesicht in der Zeit nichts machen lassen können, scherzt die 45-Jährige.
Ihr Filmsohn Ellar Coltrane freut sich über „diese unglaubliche Familie, die mich jedes Jahr ein paar Tage aufgezogen hat.“ Auch dies ist das Besondere an „Boyhood“: dass dieser Familienfilm tatsächlich eine Art Familie geformt hat. Alle Beteiligten sind sich gegenseitig dankbar dafür, gemeinsam durchgehalten zu haben und so etwas für die Karrieren aller geschaffen zu haben. „Ich habe mich jedes Jahr auf den Dreh gefreut“, sagt Arquette. An Linklaters „klarer, ruhiger Vision“ habe sie nie gezweifelt. Kritisch sei nur gewesen, den Film nach so langer Zeit loszulassen: „Ich wollte die Meinung anderer darüber nicht hören.“
Auf dem Podium macht Arquette einen fürsorglichen Eindruck: Einmal legt sie ihrer aufgeregten Filmtochter Lorelei Linklater einen Arm auf die Schulter und lächelt sie an, dann erzählt sie, wie sehr es sie für die Kinder gefreut habe, dass sie drehen konnten, ohne dafür in der Schule gemobbt zu werden – weil es einfach nie was zu sehen gab. Selbst den Darstellern hat Linklater nie die Muster gezeigt – eine weise Entscheidung. Sich selbst im fertigen Film beim Aufwachsen zuzusehen, sei „manchmal schmerzhaft“ gewesen, sagt seine Tochter Lorelei. Auch so wollte sie zwischendurch mal aussteigen. „In einem Jahr habe ich ihn gefragt, ob meine Figur bitte sterben könnte.“ Die coole Antwort des Vaters: „O nein. Das wäre zu dramatisch für diese Art Film.“ DAVID DENK