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Archiv-Artikel

SPORTPLATZ Generalprobe gemeistert

EISHOCKEY Beim Test für den Start in die DEL siegen die Eisbären souverän – nur die Defensive macht derzeit noch Sorgen

Irgendetwas musste Don Jackson falsch verstanden haben. Nach dem 3:0 seiner Mannschaft gegen das finnische Team Kärpät Oulu stand der Trainer der Berliner Eisbären in der Mixed Zone des Stadions am Ostbahnhof und runzelte ungläubig die Stirn. „The second place is safe?“, fragte er einen Journalisten verdutzt, ehe er sich entschied, seinem Gegenüber zu glauben. „Well, good. That’s great.“

Platz zwei – das bedeutet in der European Trophy, dem einzigen europäischen Vergleich im Vereins-Eishockey, beste Chancen auf den Einzug in die Endrunde. Zwei der vier Gruppenzweiten ziehen in das Finalturnier im Dezember ein. Wer Jackson Böses wollte, könnte das fehlende Interesse am Turniermodus als peinliche Ignoranz betrachten. Wer ihm zuhört, merkt aber schnell, dass der Amerikaner seinen Fokus nur schon auf das Tagesgeschäft gerichtet hat: Die Deutsche Eishockey Liga (DEL) startet in der kommenden Woche in die neue Saison. „Die Spiele der European Trophy waren ein toller Test für uns“, sagte Jackson, der optimistisch in die Saison geht. Fünf der sieben Spiele wurden gewonnen, Niederlagen setzte es nur in den beiden Spielen gegen den Ligakonkurrenten Hamburg Freezers.

Gegen Kärpät Oulu schien schnell alles klar zu sein, als der Puck nach nur 38 Sekunden schon das erste Mal im Tor der Finnen lag. Mads Christensen und T. J. Mulock hatten Jimmy Sharrow freigespielt, der aus kurzer Distanz entschlossen einnetzte. Die Eisbären nutzten den Schwung und zeigten von Beginn an ihre spielerische Klasse. So entwickelte sich ein Spiel mit offenem Visier – doch nur die Berliner trafen das Tor. Der starke Neuzugang Mark Katic erzielte kurz vor Ende des ersten Drittels das 2:0, Jimmy Sharrow ließ nach einer halben Stunde vor 6.800 Zuschauern noch ein drittes Tor folgen. „Wir spielen schnell nach vorne, erzielen schöne Tore“, resümierte Trainer Jackson zufrieden.

Weniger zufrieden dürfte er mit dem Defensivverhalten seiner Mannschaft gewesen sein. Teilweise fehlte es in der neu formierten Verteidigung merklich an Struktur. Gerade wenn die Finnen schnell nach vorne spielten, ergaben sich große Lücken im Defensivverbund des Deutschen Meisters. Nicht umsonst kurvten die Eisbären-Spieler nach Spielschluss zuerst zu ihrem Torhüter Rob Zepp, bei dem sämtliche Angriffswellen der Finnen ein jähes Ende fanden.

Es scheint, als sei die Umstrukturierung der Defensive nach dem Weggang der routinierten Verteidiger Richie Regehr und Nick Angell noch nicht gänzlich abgeschlossen. Zwar ist mit Mark Katic ein schneller und technisch guter Verteidiger gekommen, doch dieser zeigt seine Stärken vor allem im Offensivspiel. Angesichts dessen, dass der Saisonstart der US-Profiliga NHL wegen stockender Tarifverhandlungen wohl verschoben werden muss, wittert so mancher Eisbären-Fan schon die Chance auf prominente transatlantische Verstärkungen. „Im Prinzip steht unser Kader“, sagt Manager Peter John Lee dazu nur, „aber falls sich spontan noch etwas ergeben sollte, wehren wir uns dagegen natürlich nicht.“

Dezente Veränderungen

Mehr als ein paar dezente Veränderungen hat Lee dem Kader nicht zugemutet. Außer Katic sind nur Ersatztorhüter Sebastian Elwing und die beiden kanadischen Angreifer Jamie Arniel und Matt Foy zum Team gestoßen. Foy, der von Stockton Thunder kam, überzeugte in der European Trophy mit Treffsicherheit (vier Tore) und Durchsetzungskraft. Gegen Oulu fehlte er verletzt, bis zum Saisonstart am Freitag soll seine Leistenverletzung aber auskuriert sein.

Dann beginnt für die Eisbären gegen Straubing die Jagd auf den dritten Meistertitel in Folge. „Die Liga ist so eng wie nie“, sagt Verteidiger Henry Haase. Vor allem Hamburg, die Adler Mannheim, die DEG Metro Stars und wohl auch die durch die finanzielle Unterstützung von Schmuckmulti Thomas Sabo erheblich aufgemotzte Nürnberger Mannschaft dürften dem amtierenden Meister bei der Titelverteidigung einiges abverlangen.

Don Jackson machte allerdings unmissverständlich klar, was er von falscher Bescheidenheit hält. Als ein Reporter ihn fragte, wer in diesem Jahr denn den Titel holen werde, warf ihm Jackson einen strengen Blick zu, atmete kurz durch und sagte nur: „Die Eisbären!“ Jannis Carmesin