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Archiv-Artikel

SPORTPLATZ Die Vorfreude auf Hertha fällt aus

FUSSBALL Union wollte gegen Paderborn Selbstvertrauen tanken fürs Derby. Am Ende stand es 0:2

Eigentlich wollten sie sich ja bereits ein wenig in Stimmung bringen. Vorfeiern für „den Besuch im Westen, bei der alten Tante“, wie Christian Arbeit, der Stadionsprecher, es nannte. Also für das große, ausverkaufte Stadtduell am Sonnabend im Olympiastadion. Doch am Ende gab die Partie des 1. FC Union Berlin wenig Grund zur Vorfreude auf das Derby gegen Hertha BSC. Ausgerechnet in einem von Kapitän Torsten Mattuschka zum „6-Punkte-Spiel“ erhobenen Vergleich gegen den Tabellennachbarn SC Paderborn zeigte der Köpenicker Zweitligist vor 11.870 Fans eine zwar von stetigem Bemühen, aber doch recht wenig Können geprägte Darbietung.

Am Ende stand ein Resultat, das die bisher so gute Heimbilanz befleckte. Von ihren 22 Punkten hatten die Eisernen satte 17 daheim geholt. In der Rückrunde sollte die Alte Försterei laut Mattuschka „noch mehr zur Festung werden“. Das 0:2 gegen die Ostwestfalen zeigte aber: Vielleicht sollte Union auch mal auswärts öfter punkten, um nicht noch einmal in existenzielle Nöte zu kommen.

Neuhaus hatte die Partie zur Charakterfrage erhoben. Ein jeder müsse sich „für die Mannschaft zerreißen“. Dann werde letztlich das Ensemble gewinnen, das „seine Nerven vor dem Tor am besten im Griff hat, die größte Kaltschnäuzigkeit besitzt“. Allerdings kamen seine Akteure kaum in die Verlegenheit, ihre Abgebrühtheit zu beweisen. Ein Kopfball von Parensen, ein Schussversuch von Savran – das war es auch schon.

Nach zehn Minuten waren die Gäste am Drücker, die hinten nicht nur gut standen, sondern auch prima quer durch alle Mannschaftsteile nach vorn spielten. In der 15. Minute hatte Unions Torwart Marcel Höttecke Glück, als er sich bei einer Flanke von Jansen verschätzte – und im letzten Moment den Ball noch mit den Fingerspitzen an die Latte lenkte. Nur wenige Zentimeter trennten Höttecke, der wieder für den zuletzt zu oft patzenden Jan Glinker nominiert worden war, und Union von einer erneuten Torwartdiskussion.

Die verbat sich in der Folge, als Höttecke mehrfach spektakulär parierte, und auch am 0:1 (25.) war er schuldlos. Nach einem Eckball von Alushi war es Unions Younga-Mouhani, der Torschütze Brandy nicht beim Kopfballspiel störte. Überhaupt Younga-Mouhani: Er wirkte überfordert beim Versuch, Dominic Peitz zu ersetzen auf der Position vor der Abwehr. Peitz wollte eigentlich nach seinem vor Wochenfrist erlittenen Nasenbeinbruch mit einer Spezialmaske aus Carbon antreten. Doch der Gesichtsschutz drückte, rieb, obendrein blutete vor dem Spiel die Wunde plötzlich nach. Da wollte keiner mehr das Risiko eingehen, dass der Vorkämpfer womöglich länger ausfällt. „Gegen Hertha will ich unbedingt dabei sein“, sagte Peitz. Ein Hauch von Vorfreude also, zumindest bei ihm. Diesmal wurde er schmerzlich vermisst.

Wild entschlossen kamen die Berliner aus der Kabine. Doch Unions Ede, Mattuschka und Savran vergaben binnen drei Minuten drei dicke Chancen – um kurz darauf in einen Konter zu laufen. Ein fataler Stellungsfehler von Thomik ermöglichte Heithölter die Flanke und Rolf Christel Guie Mien einen Kopfball zum 0:2 (57.). Neuhaus setzte mit der Hereinnahme der Offensivkräfte Kolk und Benyamina noch einmal alles auf eine Karte. Es half aber alles nichts mehr: Die Generalprobe für Berlins ersten fußballerischen Höhepunkte im Jahr 2011 ging gründlich daneben. In dieser Form könnte es für Union ein ungemütlicher Kaffeeklatsch bei der alten Tante aus dem Westen werden, die im Gegensatz zu den Eisernen derzeit prima in Form ist. MATTHIAS WOLF