piwik no script img

Archiv-Artikel

SLOWAKEI: RECHTSNATIONALISTEN SIND UNANGENEHM, ABER UNGEFÄHRLICH Inländerfeinde an der Regierung

Eine rechtsnationalistische Partei als Partner der Sozialdemokratie ruft noch mehr Empörung hervor als deren Aufnahme in eine Mitte-rechts-Regierung. Zweite Besonderheit der neuen Koalition in Bratislava: Die chauvinistische Slowakische Volkspartei (SNS) findet ihre Feinde überwiegend unter den Inländern und polemisiert gegen die ungarische, die Roma- und die tschechische Minderheit. Die neue Koalition ist damit zwar unappetitlich – aber auch nicht viel mehr als das.

Nationalismus und Demagogie, so bedauerlich das ist, gehört zu den festen Bestandteilen der slowakischen Innenpolitik, seit das Land 1993 unabhängig wurde. Sie wurzelt in einem Minderwertigkeitskomplex gegenüber Tschechen und Ungarn, weil Prag und Budapest das Land 50 beziehungsweise 1.000 Jahre lang beherrscht haben. Aber die Demagogie ist gut eingedämmt. Die anti-tschechische wird in Tschechien und von den Tschechen in der Slowakei nicht ganz ernst genommen. Und die anti-ungarische Polemik stößt sofort auf eine zuweilen ins Hysterische gehende Protestkultur der starken magyarischen Minderheit im Land. Über Budapest und Prag finden die Belange dieser Minderheiten zudem den Zugang zu den internationale Medien und Institutionen. Nur den Roma fehlt ein vergleichbarer Schutz. Aber der erste rassistische Mord an einem slowakischen Rom geschah erst, als dies in Tschechien schon trauriger Alltag war. An rassistischen Übergriffen in der Slowakei ist eine direkte Verantwortung der SNS, die bereits von 1994 bis 1998 mitregierte, nicht nachweisbar.

Zwei der drei neuen SNS-Minister sind nun geschickt in Ressorts untergebracht, die mit dem Geldgeber EU leben müssen: Umwelt und Regionale Entwicklung. Ärgerlich ist aber, dass der neue Bildungsminister von der SNS kommt. Der größte Schaden, den die Rechtsnationalisten bei ihrer ersten Regierungsbeteiligung anrichten konnten, war der Einfluss des auch damals von ihnen geleiteten Bildungsministeriums auf das neue Unterrichtsmaterial. Während die SNS-Politik sonst harmlos ist, gilt hier nun wieder: Schulbuchkommissare aufgepasst! DIETMAR BARTZ