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Archiv-Artikel

SIRVAN CAKICI, LINKS-ABGEORDNETE Die Reinwascherin

Sirvan Cakici, 29

■ seit 2007 in der Bremischen Bürgerschaft Sprecherin der Linksfraktion für Migration, Jugend und FamilieFoto: Fraktion

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Sirvan Cakici, eine Abgeordnete der Bremischen Bürgerschaft, weil sie eine andere Person – laut einem Focus-Bericht die Ehefrau ihres Geliebten – beleidigt, bedroht und ihr nachgestellt haben soll. Stalking – so das Fachwort – ist kein Kinkerlitzchen, sondern eine Straftat, die mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden kann.

Eigentlich ein gefundenes Fressen für die Medien, sollte man meinen. Doch die bleiben – taz eingeschlossen – erstaunlich ruhig. Titeln sogar wie Radio Bremen auf seiner Homepage „Anzeige gegen Politikerin der Linken zurückgezogen“, obwohl dies bisher niemand anders als die Beschuldigte behauptet. Am Montag wird diese Behauptung von ihrer Fraktion flugs als Pressemitteilung verbreitet, zu einem Zeitpunkt, als die Focus-Meldung gerade einmal einen Tag alt ist – auch das wohl kaum ein Zufall.

Anzeichen dafür, dass es sich um „haltlose Vorwürfe“ und eine rein „private Situation“ handelt, wie es die Fraktionssprecherin formuliert, gibt es nicht. Bis gestern Abend konnte die Bremer Staatsanwaltschaft nicht bestätigen, dass die Anzeige tatsächlich „von der Anzeigenerstatterin zurückgezogen“ wurde. Und schließt nicht aus, selbst dann noch weiter zu ermitteln. Aufgrund des „öffentlichen Interesses“, und weil die Vorwürfe eben nicht aus der Luft gegriffen seien, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft klarstellt. Dafür seien die den Ermittlern vorliegenden Handy-Textnachrichten eindeutig genug.

SMS-Botschaften wiederum sind auch der Grund für die mediale Zurückhaltung. Vor zweieinhalb Jahren wurde ein multimedial geführter Dialog zwischen Cakici und einem Fraktionsmitarbeiter bekannt, den Cakici und mit ihr weitere Fraktionsmitglieder und der Bundesvorstand der Linkspartei als „Stalking“ bezeichneten. Doch anders als heute kam es nur zur wochenlangen öffentlichen Brandmarkung des angeblichen Stalkers, nie aber zu Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft – weil es damals tatsächlich eine Privat-Angelegenheit war, über die man zu weiten Teilen besser geschwiegen hätte.EIKEN BRUHN