SILVIO BERLUSCONI KUSCHT, WENN US-PRÄSIDENT BUSH ES FORDERT : Eine italienische Farce
Es spricht derzeit Bände, wenn Italien und die USA einander laufend versichern, wie „ausgezeichnet und fest“ ihre Beziehungen sind. Schon seit dem 4. März nämlich, seit dem Tode Nicola Caliparis in Bagdad, ist die dicke Freundschaft zwischen Berlusconi und Bush einer harten Belastungsprobe ausgesetzt. Nun haben die Spannungen sich mit der Veröffentlichung der beiden kontrastierenden Untersuchungsberichte weiter verschärft.
Berlusconi durfte vor kurzem als Erfolg feiern, dass er den USA eine gemeinsame Untersuchung des tödlichen Vorfalls abgetrotzt hatte. Doch in der Untersuchungskommission durften die zwei Italiener dann erfahren, dass sie das wohl missverstanden hatten: Ihnen war bloß die Aufgabe zugedacht, die US-Version der Todesnacht abzunicken – und so ihr eignes Land ins Unrecht zu setzen.
Das wollte selbst der stramme US-Alliierte Berlusconi nicht mitmachen, und ausnahmsweise durfte er sich über den Beifall der Opposition, ja selbst der stramm linken Tageszeitung Il Manifesto freuen, für die Giuliana Sgrena schreibt. In deutlichen Worten rechnet der italienische Untersuchungsbericht mit den haarsträubenden Zuständen ab, die an den US-Kontrollposten in Bagdad, ja im ganzen Irak Alltag sind. Sie machen Auto fahren schlicht zum tödlichen Risiko.
Doch Schlüsse scheint Berlusconi aus dieser Abrechnung nicht ziehen zu wollen. Weder stellt seine Regierung die Frage, was für eine Sorte „Koalition“ da im Irak unterwegs ist: Über die Machtverteilung im Bündnis gab nicht zuletzt die Farce der „gemeinsamen Untersuchungskommission“ beredte Auskunft. Noch stellt sich Berlusconi nicht dem Problem, welche Sorte „Frieden“ die angebliche Friedensmission Italiens im Irak eigentlich schützt. Stattdessen müht Italiens Regierungschef sich an der schwierigen Übung, sein Gesicht zu wahren und den guten Ruf seines Landes auch gegen die USA zu verteidigen – und dennoch den Irak-Einsatz an der Seite von George Bush keinesfalls in Frage zu stellen. Da dürfte der Beifall der Opposition für Berlusconi zu Recht bloße Episode bleiben. MICHAEL BRAUN