SHEILA MYSOREKAR POLITIK VON UNTEN : Beruf: Drogenhändlerin
Es ist extrem lukrativ, weißes Pulver von einem Kontinent zu einem anderen zu transportieren – weil es verboten ist
Ich will ganz schnell reich werden. Richtig reich. Diamant-Klunker-Forbes-Liste-eigene-Insel-in-der-Karibik-reich. Mit harter, ehrlicher Arbeit auf den Plantagen des deutschen Medienmarktes kommt man nicht weit, so viel ist mir inzwischen klar. Doch der Drogenhandel macht weltweit pro Jahr mindestens 300 Milliarden Dollar Umsatz, nach vorsichtigen Schätzungen. Das ist das Richtige, um stinkreich zu werden. Eigentlich nur, weil es verboten ist – nur deswegen hat man so satte Gewinnspannen wie seit der Seeräuberei nicht mehr.
Drogen zu produzieren ist richtig billig. Die Bauern in Südamerika oder Afghanistan, die Cocablätter oder Mohnblüten anbauen, sind bettelarm und kriegen auch nur wenig für ihre Ernte. Auch die Herstellung ist nicht teuer und eigentlich nicht mal der Transport. Wenn man ein Kilo Kokain mit FedEx von Kolumbien nach Deutschland schicken würde, kostete das nur 100 Dollar, und das Koks wäre so billig, dass man es bei Aldi kaufen könnte.
Eigentlich sind Drogengroßhändler einfach nur Logistiker. Es geht darum, Tonnen von weißem Pulver oder klebriger schwarzer Masse von einem Kontinent in den anderen zu verschiffen. Als Drogen-DHL könnte ich Bill-Gates-mäßig reich werden: Auf den Straßen von Medellín, Kolumbien, kann man nämlich ein Kilo reines Kokain für rund 1500 Dollar kaufen. Verpackt in kleine Tütchen zu wenigen Gramm und gestreckt mit allen möglichen Giften, bringt dasselbe Kilo auf der Straße in den USA 150.000 Dollar: eine Wertsteigerung um schwindelerregende 10.000 Prozent. Das nenne ich mal ordentliche Gewinne! Sie erklären sich durch die Risiken, mit denen der Drogentransport verbunden ist. Jeder Weiterverkauf kommt mit einem Risikozuschlag. Und all das nur, weil Drogen illegal sind.
Wenn ich richtig viel Geld machen wollte, würde ich Drogen in die USA liefern: Die USA stellen lediglich fünf Prozent der Weltbevölkerung, konsumieren jedoch ein Drittel des weltweit verkauften Kokains.
Also, Leute, ich weiß, wie Reichwerden in der Drogenlogistik geht – ich trau mich nur nicht. Waffenschieberin wäre dann noch eine lukrative Alternative: Ich wüsste etwa gerne, wie viel Heckler & Koch mit ihren Waffen verdient hat, die zufällig in Libyen … aber egal. Trau ich mich ja auch nicht. Na ja, dann werde ich wohl weiter als brave Journalistin meine Artikel schreiben. Nur Reichwerden – das kann ich dann vergessen.
■ Die Autorin ist Journalistin und in der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Foto: F. Bagdu