SCHÖNER LEBEN: „Su. Federkrieg m. Westl.“
■ Schellkurs „DDR“ per Kleinanzeigenstudium
Die meisten jüngeren Menschen in der DDR heißen Günter oderChrista. Sie leben in 2-oder 3-Raumwohnungen, haben Berufe wie Krippenpädagoge, Instandhaltungsschlosser und Gastronom und wohnen in der Clara-Zetkin Straße, der Straße der Solidarität oder im Juri-Gagarin-Ring. Und alle alle suchen Kontakt. Woher ich das weiß? Das Anzeigenblatt „ABisZ“ veröffentlicht seit einer Woche unter der Rubrik „DDR/BRD Mitteilungen“ reiches Quellenmaterial über das Land ferner als der nahe Osten.
Seit dem Rostockwochenende (ABisZ hatte einen Stand) explodiert die Rubrik. Die neuste Ausgabe hat 15 Spalten „Mitteilungen“. Es überwiegen Kontaktgesuche: 76 Ehepaare und 145 Familien suchen gleichgesinnte Hochseefischer, Hundesportler, Jäger und Wandersleut'. (“Bergsportbegeistertes Ehepaar würde gern die Berglandschaft Westdeutschlands kennenlernen, bieten dafür kostenlose Unterkunft in Felsgebieten ihres Landes“). Unmoralisch scheint das nie gemeint zu sein, oder was will M.G. aus Granzow: „Alleinstehende Frau, 57, su. den 'Federkrieg' m. westl. Pers.. Interesse: Sammeltassen, lustige Filme“? Was das Gastronomenehepaar sich von „gem. Streifz.d.d.Küche beider Länder“ verspricht, keine Ahnung, handfester erscheint die Suche nach Trabant (bis 400 DM), nach „Dauerabnehmern von Mastgössel o. Mastgänsen“ und einem „WC-Spülkasten f. DDR-Übersiedler“. Billig wohnen können Wessies allemal drüben, vom umsonst bis 8 Mark pro Nacht auf Rügen. Die Devisenfrage indes bleibt meist offen (Ausnahme: „Suche PKW f. DDR-Mark 1:6). – Die „Rubrik 51“: unverzichtbares ethnologisches Material.
Bus
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen