piwik no script img

Restaurant-Giftliste in Berlin-PankowEkel à la carte

Pankow hat eine erste Liste siffiger Restaurants veröffentlicht. Das wirke einfach besser als Bußgelder, sagt der Bezirk. Der Gaststättenverband setzt sich dagegen für die Schmuddelkinder ein.

Trotz harscher Kritik des Gaststättenverbandes hat der Bezirk Pankow am Montag eine Liste mit 39 Betrieben veröffentlicht, bei denen das Ordnungsamt schwerwiegende Hygiene-Mängel entdeckt hat. "Bußgelder allein haben bei vielen Betreibern die Motivation für eine Verbesserung der Hygiene nicht erhöht", so Jens-Holger Kirchner (Grüne), Bezirksstadtrat für öffentliche Ordnung. Dagegen habe schon die Drohung mit der Veröffentlichung in vielen Fällen dazu geführt, dass Missstände beseitigt wurden.

Pankow hat rund 7.000 Betriebe, die von den zwölf Lebensmittelüberwachern des Bezirks regelmäßig kontrolliert werden. Dazu gehören etwa Restaurants, Imbisse, Bäckereien, Betriebskantinen und Fleischereien. Seitdem im Mai 2008 das Verbraucherinformationsgesetz des Bundes in Kraft trat, hat jeder Bürger das Recht, über die Ergebnisse der Kontrollen informiert zu werden. Dies muss allerdings jeder Bürger für jedes Restaurant einzeln beantragen.

Der Bezirk nutzt nun die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit, von sich aus die Ergebnisse der Kontrollen zu veröffentlichen. Dabei werden allerdings nur schwerwiegende Mängel bekannt gegeben. Außerdem hat jeder Betreiber die Chance, die Veröffentlichung zu verhindern. Dazu muss er die Mängel abstellen und den Bezirk benachrichtigen, der die Kontrolleure dann noch einmal vorbeischickt. Auf der öffentlichen Liste landet also nur, wer die Mängel gar nicht oder nicht gut genug beseitigt. Die Liste wird monatlich aktualisiert.

Der Datenschutzbeauftragte des Landes Berlin, Alexander Dix, hat mit der Veröffentlichung der Betriebe und der konkreten Mängel kein Problem. Im Gegenteil: Das sei "ein wesentlicher Schritt zu mehr Transparenz für den Verbraucher"; es gebe "keine datenschutzrechtlichen Bedenken".

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Berlin (Dehoga) bleibt dagegen bei seiner Kritik. Der Bezirk benachteilige einige Betriebe, da er es nicht schaffe, flächendeckende Kontrollen vorzunehmen, sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführer Thomas Lengfelder. Er kündigte eine Klage an, sollte ein Dehoga-Mitglied auf der Negativliste erscheinen. Bisher ist dies nicht der Fall.

Kirchner wies die Kritik zurück. Es würden alle Betriebe kontrolliert, allerdings nicht alle im gleichen Abstand. Die Kantine eines Altenheimes werde häufiger überprüft, eine Bäckerei, in der nur Teig aufgebacken wird, dagegen seltener. Kirchner griff dagegen den Gaststättenverband an: "Wenn ich mir die Missstände in den Gaststätten anschaue, die hier auf der Liste stehen, dann frage ich mich: Wen will der Verband eigentlich schützen? Müsste es nicht auch in deren Interesse sein, dass solche Zustände abgestellt werden?"

Der Bezirk will laut Kirchner das Signal aussenden, dass es sich in Pankow nicht lohnt, Profit auf Kosten der Sauberkeit, der Hygiene und der Gesundheit der Gäste zu machen. Er hofft, dass auch andere Bezirke das Projekt als Vorbild nehmen. Doch danach sieht es bisher noch nicht aus. Das Bezirksamt Spandau kritisierte Pankow: Das System täusche Objektivität vor, die es bei einer Kontrollfrequenz von nur ein- bis zweimal im Jahr nicht gebe.

Siehe auch

Bezirksamt Pankow: Positiv- und Negativliste

Betriebe, die überdurchschnittlich sauber sind, sollen ein Smiley auf der Ladentür ankleben können. Auf dem heißt es: "Alles sauber. Also rein!" Bisher haben fünf Betriebe diese Auszeichnung, weitere 60 haben sich darum beworben. Bei diesen Betrieben sollen nun unangekündigte Extra-Kontrollen stattfinden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • LE
    Lev Emand

    In Dänemark ist die gut sichtbare Veröffentlichung der Ergebnisse der Kontrolle durch das Gesundheitsamt schon lange Pflicht und meiner Meinung nach ein Vorbild für Deutschland. Jeder lebensmittelverarbeitende Betrieb, vom Supermarkt über den Imbiss bis zur Schulküche, wird mit Smileys ausgestattet.

     

    Hier ein Link, da ich davon ausgehe, dass hier nur wenige Dänisch sprechen, auf Englisch:

    http://www.uk.foedevarestyrelsen.dk/Inspection/Smiley/forside.htm

  • F
    F.Kaefer

    Die oeffentliche Bekanntmachung solle zur Pflicht werden. Den Betrieben die mit einer Veroeffentlichung nicht einverstanden sind, kann die Behoerde nur die Zulassung entziehen um die Verbraucher zu schuetzen. Gesundheit vor Profit!

  • T
    ToWi

    Ein solcher Schritt ist längst überfällig und sollte in ganz Berlin zur Selbstverständlichkeit werden. Nur öffentlicher Druck kann solche Mißstände wirksam bekämpfen. Der Gaststättenverband sollte sich fragen, für wen er eigentlich spricht, wenn er diese Transparenz kritisiert. Ich finde das gut und werde solche Veröffentlichungen in die Auswahl meiner Gaststättenbesuche etc. einfließen lassen!

  • O
    ohno

    Es gibt keine Gleichheit im Unrecht. Ein Rechtsbrecher kann sich nicht damit herausreden, dass es andere gibt, die nicht erwischt werden. Insofern ist das Gerede von der "Benachteiligung" genau das - Gerede.