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Archiv-Artikel

„Resist!“, ein Dokumentarfilm über das legendäre Living Theatre, im 3001 Immer voll in die Fresse

„Das wahre Theater ist mir immer wie die Übung einer gefährlichen und schrecklichen Handlung erschienen“, erklärte Antonin Artaud. In Dirk Szuszies Dokumentarfilm Resist! über die älteste Performancegruppe der Welt, das Living Theatre, erzählt die 78-jährige Mitbegründerin Judith Malina von ihrer Gefangenschaft in einem brasilianischen Knast. Ihre Zellengenossin wurde hingerichtet, und nachdem die Gefangenen schließlich befreit wurden, schrien sie sich die geschundenen Seelen aus dem Leib.

40 Jahre später wiederholt sich diese Szene im Südlibanon. Das Living Theater erarbeitet dort ein Stück mit Jugendlichen und besucht am Ende ein ehemaliges Internierungslager der Israelis. Unter den skeptischen Blicken ehemaliger Folteropfer stellen sich die Akteure im Kreis auf, und es erhebt sich ein anklagendes Vokal-Mantra in die Luft. Die vergangene Qual wird zur Anklage, das Living Theatre treibt die Geister der Unterdrückung aus.

Was wie esoterischer Agit-Prop klingt, ist in Wirklichkeit der stets ernst gemeinte, rohe und revolutionäre Theaterstil des Ensembles. Das Living Theatre verbindet seit Anfang der 50er Jahre das rituelle Theater von Artaud mit dem politischen Anspruch von Brecht. Die Gruppe betreibt die Auflösung der Grenze zwischen Bühne und Leben, Fiktion und Realität. Ihre Ästhetik beruht auf einem Genremix aus Happening, Improvisation, Einbeziehung des Publikums, Tanz und Musik.

In einer stets pazifistischen Grundhaltung klagen sie den kriegerischen und ausbeutenden Charakter des Kapitalismus an. Damit sind sie natürlich nicht besonders beliebt in ihrem Gründungsland USA, wo sie ständigen Verhaftungen ausgesetzt waren und permanent Prozesse führen mussten. Sie haben einen ungeschliffenen „In-die-Fresse“-Stil entwickelt, der auf verschnörkelten Zynismus genauso verzichten kann wie auf defensive Ironie.

Der Dokumentarfilm Resist! begleitet die Gruppe auf ihren Tourneen, besucht sie in einem italienischen Partisanendorf und zeigt historische Aufnahmen aus der Zeit, als Mitbegründer Julian Beck noch lebte. Der Film beschreibt, wie gegenkulturelle Praxis in den 60ern funktionierte und was die heutige Antiglobalisierungsbewegung davon lernen kann.

Nicht umsonst begibt sich das Ensemble immer dorthin, wo es gerade brennt, nach Genua zum G8-Gipfel, nach Manhatten, wo die Zwillingstürme nicht mehr stehen. Am Freitag ist der Filmemacher Dirk Szuszies im 3001 zu Gast. Nikola Duric

ab Do, 19 Uhr, 3001