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Archiv-Artikel

Regierungslobby für den Tabak KOMMENTAR VON CHRISTIAN RATH

Wenn es um Tabak geht, wird Recht schnell politisch. Gestern scheiterte eine sinnlose Klage der Bundesregierung gegen das EU-Werbeverbot für Tabakprodukte. Heute verhandeln die Ministerpräsidenten über Rauchverbote, nachdem sich die Bundesregierung mit umstrittenen verfassungsrechtlichen Argumenten für unzuständig erklärte.

Die Klage gegen das Tabakwerbeverbot hatte nie eine Chance, denn der EU-Beschluss hat die europäische Rechtsprechung streng beachtet. Die deutsche Klage hatte allenfalls symbolischen Wert. Man wollte sich bei wichtigen Lobbygruppen einschmeicheln. Gemeint ist hier aber nicht die Tabakindustrie, denn die behauptet ja, dass Werbung kaum neue Kunden und schon gar keine Jugendlichen anziehe, sondern nur die Marktanteile zwischen den einzelnen Zigarettenmarken verschiebe. Offensiv gegen ein Werbeverbot traten dagegen die Werbewirtschaft und die mächtigen Zeitungsverleger auf. Zwar macht für die Verleger die Tabakwerbung nur 1 Prozent der Werbeeinnahmen aus. Aber es geht ums Prinzip: Bald könnten Werbeverbote für Alkohol und Autos folgen. Die Bundesregierung hat mit ihrer Klage immerhin klar gemacht, dass sie solche Einschränkungen stets behindern wird.

Auch die juristische Haltung der Regierung zu den geplanten Rauchverboten in Gaststätten und öffentlichen Einrichtungen ist offensichtlich politisch motiviert. Das Gutachten des Bundesinnenministeriums lotet nicht die Kompetenzen des Bundes aus, wie es bei einem Bundesministerium eigentlich zu erwarten wäre. Stattdessen sucht es durchgängig Gründe, die gegen eine Bundeszuständigkeit sprechen. Wo diese nicht zu bestreiten ist, wie beim Arbeitsschutz, werden sie nur ganz kurz erwähnt. Ein Lobbyvertreter der Tabakindustrie hätte das Gutachten kaum anders formuliert – war doch zu vermuten, dass einige Länder gar keine Rauchverbote erlassen würden. Diese Hoffnung scheint sich zu erfüllen.

Die Regierung ist konsequent inkonsequent: Beim Werbeverbot hat sie Mut gezeigt, wo er nicht angebracht war, während sie bei den Rauchverboten auf jede Courage verzichtet hat.