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Ralph und das kleine, flockige Wölkchen Von Ralf Sotscheck

Eigentlich war ich immer ein Fan von Frank Zappa. Bis mir eine Biographie des genialen US-Musikers in die Hände fiel. „Gut gefällt mir auch Zappas Reaktion auf einen Journalisten“, schreibt der Autor Michael Gray dort im Vorwort, „der wissen wollte, warum er seinen Sohn mit dem Namen Dweezil gestraft habe: ,Es könnte schlimmer sein. Ich hätte ihn auch Ralph nennen können.‘“ Und dann erläutert dieser übereifrige Biograph: „Ralph ist im Amerikanischen ein absoluter Unname und Dweezil mittlerweile ein bemerkenswert guter und erfolgreicher Gitarrist.“

Wäre er das nicht geworden, wenn Zappa ihn „Ralph“ getauft hätte? Auf keinen Fall, behaupten Helen Petrie und Carol Lee Johnson von der Universität Sussex. Ihre Untersuchung hat ergeben, daß der Name das Image eines Menschen festlegt. Bei einer Umfrage unter 255 Studenten stellte sich heraus, daß Sophie, Elizabeth, Emily, Lucy und Rose als weiblichste Namen gelten. Frauen mit diesen Namen haben auch eine „weiblichere Persönlichkeit“ als andere Frauen, sagen Petrie und Johnson. Eltern, die solche Namen wählen, würden ihren Töchtern später auch rosa Rüschenkleider anziehen. Für Männer gilt übrigens das Gleiche, bloß umgekehrt. Das wußte der legendäre Western- Held John Wayne allerdings auch ohne wissenschaftlichen Beistand: Seine Eltern hatten ihn „Marion“ getauft.

Kinder mit ungewöhnlichen Vornamen schneiden in der Schule schlechter ab. Die Kids des irischen Edelpunks Bob Geldof und seiner Exfrau Paula Yates können ihre Schulkarrieren somit abhaken, bevor sie überhaupt begonnen haben: Fiffi Trixibelle, Peaches Honeyblossom und Little Fluffy Cloud lösen bei jeder Lehrkraft Gänsehaut und Brechreiz aus, wenn man dem US-amerikanischen Psychologen McDavid glauben darf. Da nützt es ihnen wenig, daß Papa einst geadelt wurde: Eine erwachsene Pfirsich-Honigblüte hat nicht viel zu lachen. Und wenn das Kleine Flockige Wölkchen später ein Dickmops wird? Oder ein Nato-General?

McDavids Thesen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen: Er hält ausgerechnet „David“ für einen Namen, der Stärke, Weisheit, Güte und Männlichkeit suggeriert, während „Harold“ für Schwäche, Humorlosigkeit, Blödheit und Eigennutz stehe. Fragt sich, wie die Einschätzung ausgefallen wäre, hätte der Psychologe McHarold geheißen. Und was suggeriert wohl „Dublin Bay“? Einen Wasserkopf? Der Dubliner Bürgermeister hat sich offiziell in Sean Dublin Bay Loftus umbenannt, weil er die Bucht der irischen Hauptstadt vor dem Untergang im Dreck retten will.

Marilyn Monroe brauchte keinen McDavid, um ihr zu sagen, daß ihr Taufname Norma Jean nicht für eine Sexsymbol geeignet war. Aber vielleicht wäre es ja alles ganz anders gelaufen, wenn sie ihren alten Namen behalten hätte. Womöglich wäre „Norma“ heute kein Symbol für Biederkeit, sondern für Glamour und Glitter. Was wäre dann wohl aus dem britischen Premierminister John Major geworden, dessen Frau Norma von genau der gleichen Grauschattierung ist wie er selbst? Wahrscheinlich hätte sie ihn gar nicht erst geheiratet, sondern einen ganz anderen Typ von Mann. Einen wie Marion Wayne.

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