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RWE übernimmt Texaco - Ölspur zur Deutschen Bank

■ Größter bundesdeutscher Stromkonzern kauft zweitgrößtes Tankstellennetz

Berlin (taz) - Der Deutschen Bank, Spinne im Beziehungsnetz der bundesdeutschen Konzerne, scheint wieder einmal ein Coup erster Klasse gelungen: Am Montag bestätigten die Rheinisch–Westfälischen Elektrizitätswerke AG (RWE) die Gerüchte von Übernahmeverhandlungen mit der deutschen Tochter des US–Ölkonzerns Texaco. Als graue Eminenzen des Geschäfts gelten die Aufsichtsratsvorsitzenden der beiden Konzerne, für die RWE Friedrich Wilhelm Christians und für die Deutsche Texaco Alfred Herrhausen. Da beide derzeit im Hauptberuf noch als Zwillingssprecher der Deutschen Bank funktionieren, dürfte die Übernahme eine Entscheidung der kurzen Wege gewesen sein, zumal es beim Notverkauf der florierenden Deutschen Texaco durch die US–Mutter günstige Konditionen geben dürfte. Der US–Konzern muß weltweit Anteile verkaufen, um die Vergleichszahlungen aufbringen zu können, die ihm von einem amerikanischen Gericht wegen unsauberer Übernahmepraktiken aufgedrückt worden waren. Die Essener RWE ist in der Öffentlichkeit vor allem als Strom– und Braunkohlekonzern bekannt, verfügt aber über Beteiligungen in verschiedensten Branchen. Im vergangenen Jahr hat der größte deutsche Stromkonzern mit rund 70.000 Mitarbeitern in über tausend Betrieben rund 28 Milliarden Mark Jahresumsatz erzielt. Auch die Deutsche Texaco steht mit einem letztjährigen Umsatzvolumen von 7,8 Milliarden Mark gut da. Unter den Kraftstoff–Anbietern war das Unternehmen nach der ARAL die Nummer zwei am deutschen Markt. Die kleine Mineralöltochter der RWE, die Union Kraftstoff AG, hat in den vergangenen Jahren nur Verluste eingefahren. Durch die Erweiterung um die Ölvorkommen von Texaco und die an die 2.000 Tankstellen als Vertriebsnetz wird hieraus ein echter neuer Unternehmenszweig. Für die RWE bedeutet die Übernahme von Texaco zwar kein Neuland, aber doch eine entscheidende Weichenstellung bei der Weiterentwicklung der Produktpalette. Ob das größte deutsche Elektrizitätsunternehmen und entscheidender Vorkämpfer für den Atomstrom damit auf seine Weise zeigt, daß das Geschäft mit dem Öl doch den besseren Gewinn abwirft, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall sind Signale wie der Rückgang des Stromverbrauchs in der Bundesrepublik und die Sorge vor Preisunterbietungen durch die französischen Atomstromproduzenten sicher in die Überlegungen zur Diversifikation eingegangen. Von seiten der Gewerkschaften wird der geplanten Übernahme kein Widerstand entgegengebracht. Von der RWE wird erwartet, daß sie ein strategisches Interesse an der Aufrechterhaltung des Gesamtgeschäfts von Texaco hat, das Unternehmen also nicht zerschlagen wird. Die Planer der bundesdeutschen Marktwirtschaft aus der Deutschen Bank Zentrale in Frankfurt haben mit ihrem Schritt auch eine Diskussion der sechziger Jahre wierderbelebt: die „deutsche Lösung“ einer Konzentration der bundesrepublikanischen Mineralölkonzerne. So wird Strukturpolitik gemacht - aber nicht in Bonn. Georgia Tornow

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