RICHARD ROTHER ÜBER DIE NEUEN BENZINPREIS-APPS : Kein Ende der Abzocke an der Tanke
Gern beschweren sich die Autofahrer über die hohen Spritpreise. Sie wähnen sich von den großen Mineralölkonzernen abgezockt: Denn egal, ob die Rohölpreise an den Börsen fallen oder steigen – an den Zapfsäulen bleiben die Kraftstoffe teuer.
Auf solche Klagen reagieren Umweltfreunde gern mit den Hinweisen, die Autoliebhaber mögen weniger fahren oder sich ein sparsameres Fahrzeug anschaffen. Mal abgesehen davon, dass beides für viele nicht möglich ist, würde sich dadurch nichts an der Oligopolstruktur des Kraftstoffmarktes ändern. Und die hat es in sich, wie ein Gedankenexperiment zeigt: Wenn alle Verbraucher plötzlich ein Fünftel weniger tankten, bräuchten die Konzerne dank ihrer Marktmacht nur die Preise um 20 Prozent zu erhöhen, und sie könnten mindestens denselben Profit einstreichen. Dann wäre zwar die Umwelt entlastet – nicht aber die Brieftasche der Verbraucher.
Dafür soll nun eine Markttransparenzstelle sorgen. Die Tankstellen sind verpflichtet, ihre Preise in Echtzeit zu melden. Die Daten werden dann Internet- und App-Diensten zur Verfügung gestellt. Die Hoffnung: Die Verbraucher suchen sich die günstigste Tanke der Umgebung – und üben so Druck auf die Anbieter aus.
Das Vorhaben ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn bislang konnten die Verbraucher Benzinpreise kaum vergleichen. Die Wirkung dürfte jedoch begrenzt sein, da ein Autofahrer mit leerem Tank räumlich und zeitlich wenig flexibel ist. Zudem zeigt der Strommarkt: So lange die Macht der großen Konzerne nicht gebrochen ist, werden sinkende Börsenpreise kaum an die Verbraucher weiter gegeben. Ein Ende der Abzocke an den Tankstellen ist noch nicht in Sicht.
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