RICHARD ROTHER ÜBER DEN US-UNTERSUCHUNGSBERICHT ZUR BANKENKRISE : In den Fängen der Finanzkrake
Das Ergebnis lässt an Deutlichkeit kaum zu wünschen übrig: Die Finanzkrise 2008 an der Wall Street war vermeidbar, und sie war die Folge mangelnder staatlicher Regulierung, von Missmanagement und kopfloser Risikoübernahmen durch die Branche. Das jedenfalls legt der parlamentarische Untersuchungsausschuss nahe, der gestern in Washington seinen Abschlussbericht vorlegen wollte, in dem auch die US-Notenbank und die US-Börsenaufsicht ihr Fett weg bekommen. Leider steht zu befürchten, dass die harsche Kritik wenig Folgen haben wird: Weder in den USA noch weltweit gibt es ernsthafte Bestrebungen, die ausufernde Finanzbranche wirklich an die Kandare zu nehmen.
Erinnern wir uns: In aberwitzigen Konstruktionen wurden unter anderem US-amerikanische Immobilienkredite – häufig wertlos, weil deren Inhaber Zins und Tilgung nicht zahlen konnten – zu wertvollen Finanzprodukten zusammengepackt, die weltweit verkauft wurden. Wer den Schrott erwarb, konnte seine Forderungen abschreiben, als es zum Schwur kam. Um einen Kollaps des gesamten Finanzsystems zu verhindern, verteilten die Regierungen großzügig Staatshilfen, für die Schulden aufgenommen werden mussten. Um diese Schulden zu bedienen, werden staatliche Leistungen gekürzt oder Steuern erhöht – die Bevölkerung zahlt.
Bei dem Ganzen abgesahnt haben einige wenige in der Bankenbranche: diejenigen, die fragwürdige Finanzprodukte erfunden haben. Ob sie juristisch zur Rechenschaft gezogen werden, steht in den Sternen. Immerhin wird der Bericht ans US-Justizministerium weitergeleitet. Wie das konnte das ganze System, das auf mangelnde Kontrolle und Regulierung fußt, funktionieren? Der Bericht gibt eine erfrischend klare Antwort: Lobbyismus. Zwischen 1999 und 2008 hätten die Banken 2,7 Milliarden US-Dollar dafür ausgegeben. Kein Wunder, dass es auch heute noch mit der Regulierung des Finanzsektors nicht weit her ist.
Umwelt + Wirtschaft SEITE 8