REINHARD WOLFF ÜBER DEN AKW-BAUSTOPP IN FINNLAND : Risse im Atom-Flaggschiff
Ydinhulluusalue“, von Dummheit verseuchtes Gebiet: Das Transparent, mit dem AtomkraftgegnerInnen vor fünf Jahren gegen den finnischen Reaktorneubau in Olkiluoto demonstrierten, hat sich als prophetisch erweisen. Gerade hat die Bauaufsichtsbehörde mal wieder die Notbremse gezogen. Schon vor Jahren gab es einen monatelangen Baustopp, weil im Fundament zu poröser Beton verarbeitet worden war. Jetzt geht es um Risse am zentralen Kühlrohrsystem. Zudem war in der vergangenen Woche bekannt geworden, dass man zwar schon seit vier Jahren drauflosbaut, die Pläne für das Reaktorkontrollsystem aber noch gar nicht fertig und genehmigt sind! Der EPR-Reaktor, einer der angeblich ganz neuen und supersicheren Generation von AKWs, von der sich die Atomlobby ein Comeback verspricht: Es gibt ihn nur in Hochglanzbroschüren.
Das Ganze war von Anfang an eine Skandalgeschichte: Weil sich Areva Siemens auf einen völlig unrealistischen Discountpreis eingelassen hatten, wird in Finnland nach dem „Try and error“-Prinzip gebaut. Erst mal die billigste Lösung versuchen. Wenn die dann nicht funktioniert oder die Bauaufsicht meckert – na, Pech gehabt, dann wird eben nachgebessert. Aber zum An-der-Nase-Herumführen gehören zwei. Politik, Bauherr und Aufsichtsbehörde lassen sich in Finnland offenbar willig manipulieren. Sonst hätten sie den Bau schon längst endgültig gestoppt. Doch sie eint mit dem Baukonsortium das gemeinsame Interesse, das Projekt durchzuziehen – Sicherheitsbedenken sind da zweitrangig.
Die Atomindustrie vermarktet „Olkiluoto international“ als Flaggschiff einer angeblichen Atomkraftrenaissance. Soll aus diesem „leuchtenden“ Vorbild nicht einmal eine tickende, strahlende Zeitbombe werden, darf dieser Pfuschreaktor nie ans Netz gehen. Und nicht nur dieser nicht.