RALF SOTSCHECK ZUM BLICK DES BRITISCHEN PREMIERS CAMERON AUF DIE USA : Kein Schoßhündchen
Sie gaben sich alle Mühe. Bei ihrer ersten gemeinsamen Pressekonferenz betonten US-Präsident Barack Obama und der britische Premier David Cameron die „wahrhaft besonderen Beziehungen“ beider Länder, sie bezeichneten sich gegenseitig als „Freund“ und sprachen sogar von ihrer gemeinsamen Liebe zum Bier.
Doch Cameron machte bei seinem Amtsantritt auch klar, dass er nicht das Schoßhündchen der USA sei. Das Bündnis könne nicht allein durch blinde Loyalität oder historische Verbindungen aufrechterhalten werden, fügte er hinzu.
Die historischen Verbindungen waren ohnehin nicht immer harmonisch. Das Weiße Haus erhielt seinen Namen 1814, als es neu gestrichen werden musste, nachdem britische Truppen das Gebäude schwer beschädigt hatten. 1956 brüskierte US-Präsident Eisenhower die britische Regierung in der Suez-Krise, worauf deren Premier Anthony Eden zurücktreten musste. Zehn Jahre später verärgerte der Premier Harold Wilson die USA, als er sich vom Vietnamkrieg distanzierte. Die innige Beziehung zwischen Ronald Reagan und Margaret Thatcher bekam Risse, als die USA im Falkland-Krieg heimlich Argentinien unterstützen. Und für den US-Fan Gordon Brown war es eine Art Ehebruch, als Obama ihm beim Antrittsbesuch eine gemeinsame Pressekonferenz verweigerte und als Geschenk ein paar DVDs überreichte, die auf britischen Geräten nicht abspielbar waren.
Cameron sieht das Verhältnis zu den USA entspannter und als eine Beziehung unter vielen an. So wird er sich wohl kaum von Washington blindlings in einen Krieg hineinziehen lassen. Im Vergleich zu seinen beiden Labour-Vorgängern, die eine Genickstarre bekamen, weil sie ständig nach Washington blickten, steht der Tory-Mann damit für eine fortschrittlichere Außenpolitik.
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