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Proteste nach blutigen Anschlägen in Karachi

■ Mit teilweise ausländerfeindlichen Protestdemonstrationen reagierte die Bevölkerung von Karachi auf die blutigen Anschläge / Regierung ordnete dreitägige Staatstrauer an / Mindestens 80 Tote und 200 Verletzte / Der betroffene Bezirk glich einem Schlachtfeld

Karachi(afp/taz) - Nach den verheerenden Anschlägen, bei denen am Dienstagnachmittag in der südpakistanischen Stadt Karachi mindestens 80 Menschen getötet und über 200 verletzt wurden, ist es am Mittwoch zu Protestdemonstrationen gekommen, die zum Teil ausländerfeindliche Züge trugen. In Karachi demolierten aufgebrachte Menschen nach Augenzeugenberichten Fahrzeuge, errichteten brennende Barrikaden und forderten die sofortige Festnahme der Attentäter. Außerdem hätten die Demonstranten das Restaurant eines Iraners völlig verwüstet. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die wütende Menge auseinander zu treiben. Alle Geschäfte und Ämter blieben geschlossen, nachdem die Bezirksregierung eine dreitägige Staatstrauer angeordnet hatte. Auch in der 70 Kilometer weiter nördlich gelegenen Stadt Hyderabad war das öffentliche Leben durch einen spontanen Generalstreik lahmgelegt. Hunderte von Demonstranten zogen durch die Straßen und forderten die „Herausgabe“ von iranischen und afghanischen Flüchtlingen. Am späten Dienstagnachmittag waren im belebten Geschäftsviertel von Karachi vier Anschläge verübt worden. Augenzeugen berichteten, von der Wucht der Explosion seien zahlreiche Personen meterweit durch die Luft geschleudert worden. Nach wenigen Minuten habe die Gegend einem Schlachtfeld geglichen. Der größte Teil der Geschäfte wurden zerstört. Dicke, schwarze Rauchschwaden behinderten stundenlang die Rettungsarbeiten. Die Stadtverwaltung erklärte, es handele sich offenbar um das Werk „ausländischer Saboteure“. Der Anschlag in der belebten Innenstadt, der offenbar auf eine möglichst große Zahl von Opfern abzielte, folgte dem Muster ähnlicher Attentate in den letzten Monaten. Am 23. März und 5. Juli waren in Lahore insgesamt 17 Menschen getötet worden, weiteren Anschlägen im Basar von Rawalpindi und in Peschawar fielen 24 Menschen zum Opfer. Die Regierung hat wiederholt Agenten des afghanischen Geheimdienstes für die Attentate verantwortlich gemacht, die mit derartigen Aktionen eine Änderung in der Politik Pakistans gegenüber dem Nachbarland erzwingen wollten. Seit März ist nicht mehr nur das Grenzgebiet zu Afghanistan Schauplatz von Anschlägen, sondern Städte überall im Land. Die vereinigte linke Opposition MDR (Bewegung für die Wiederherstellung der Demokratie) hat sich stets nachdrücklich von den Attentaten distanziert. Sie warf der Regierung vor, gegen die Opposition vorzugehen anstatt die Hintermänner der Anschläge ausfindig zu machen.

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