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Archiv-Artikel

■ Privatisierung der Gewinne – Risiken und Nebenwirkungen für die Gesellschaft Woher kommen die Arbeitsplätze?

betr.: „Ab heute sind wir asozial“, taz vom 6. 5. 03, „Mehr Steuern für Reiche?“, Brennpunkt, taz vom 7. 5. 03

Arbeitsunwillig sind natürlich immer nur die Arbeitslosen, die Sozialhilfeempfänger, immer rauf auf die Schwachen. Auch Jugendliche sollen in Arbeit gezwungen werden etc.

Aber die eigentlich Arbeitsunwilligen sind doch die Konzerne! DaimlerCrysler baut hier mal ein paar tausend Stellen ab, TUI da mal zweitausend – das sind doch die eigentlich Arbeitsunwilligen! Sie betreiben Stellenabbau, bilden nicht aus etc. und werden dafür auch noch mit Strukturhilfen, Steuervergünstigungen und legaler Umweltzerstörung belohnt – ganz abgesehen von steigenden Aktienwerten. Bei jedem Großprojekt kann man schon lange getrost 30 bis 40 Prozent Arbeitsplätze weniger annehmen, als von den Unternehmen angekündigt werden. Privatisierung der Gewinne – Risiken und Nebenwirkungen für die Gesellschaft; das ist wohl mittlerweile das einzige Soziale an unserer Marktwirtschaft!

Zu Zeiten, als ich auch mal Geld verdient habe, hab ich beim Blick auf den Gehaltszettel erst mal geschluckt, wie viel davon weggeht. Und dann mit einem Schulterzucken gedacht: „Na und? Mir geht’s doch gut, das andere ist eben für die Gemeinschaft!“

Woher kommt eigentlich dieser unglaubliche Sozialneid, diese Missgunst gegenüber denjenigen, die auf der Schattenseite des Arbeitsmarktes stehen? Warum drischt die Union dermaßen auf die Benachteiligten der Arbeitsgesellschaft ein, haben die keine Arbeitslosen unter ihren Wählern? Und wie wollen die Unionspolitiker eigentlich gesellschaftlich verantworten, dass die Wohlhabenden sich aus der ganzen Misere einfach heraushalten dürfen, weil die CDU/CSU im Bunderat alles blockiert, was diese Menschen auch nur einen Cent kosten könnte? Und wie können diese Menschen eigentlich noch in den Spiegel sehen, wenn das Land, dessen Bürger sie sind, den Bach runtergeht und sie nichts anderes tun, als ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen. […]

INGA BÜHLER, Heide

betr.: „DGB sperrt Schröder aus“, taz vom 7. 5. 03

Wie schon so oft in ihrer Geschichte fällt die SPD ihrer eigentlichen Klientel, nämlich der arbeitenden Bevölkerung, in den Rücken. Bezeichnend ist diesmal nur, dass die Reformisten vom DGB dieses Spielchen mitspielen. Wir können sicher sein, dass Kanzler und DGB-Gewerkschaften zu einem Kompromiss finden werden, der dem aufgeklärten Arbeitnehmer den Angstschweiß auf die Stirn treiben wird. Womit dann ebenfalls klar sein dürfte, dass der Spruch: „Wer hat uns verraten? – Sozialdemokraten!“ auch nach nunmehr fast 100 Jahren nichts von seinem Wahrheitsgehalt verloren hat. ALBERT KELLER, München

betr.: „Visionen für drei Monate“, Debattenbeitrag von Ulrike Herrmann, taz vom 8. 5. 03

Solange nahezu alle Politiker sich nur auf Kurzfriststrategien zur Beseitigung der drängenden sozialen Probleme einigen können, muss die Lösung, der „große Wurf“ ausbleiben. Einen auch wirtschaftspolitisch souveränen Politiker, wie ehedem Lafontaine, hat die SPD nicht mehr. Die Grünen hatten ihn noch nie …

Problemverschiebung ist stattdessen das Motto dieser Tage und die Vernebelung der Köpfe der Wähler mit Worthülsen wie „soziale Gerechtigkeit“, „Solidarität“ usw.

MICHAEL HEINEN-ANDERS, Köln

Das ist das Beste, was in der letzten Zeit zum Thema Sozialabbau und „Mehrheitsverhältnisse“ geschrieben wurde.

Leider haben die meisten Leute ein kurzes Gedächtnis, sodass die Kürzungen bei der Arbeitslosenhilfe, die bereits Anfang des Jahres beschlossen wurden, bereits in Vergessenheit geraten sind. Es ist mir unverständlich, dass selbst die Gewerkschaften nur die Einbindung der Selbstständigen in die Sozialkassen fordern, die Beamten aber außen vor lassen. Alle Bürger und Bürgerinnen müssen in die leeren Kassen der Renten- und Sozialversicherungen einzahlen, wenn das System funktionieren soll.

Es ist ein Hohn, dass selbst die Grünen mit Hinweis auf die „Mehrheitsverhältnisse“ die Vermögens- und Kapitalsteuer außer Acht lassen. Aber sie gehören natürlich zur Mehrheit und profitieren auch vom System, dass die Begüterten und Arbeitsplatzbesitzer bevorzugt, während die Arbeitslosen zunehmend zur Kasse gebeten werden.

Woher sollen eigentlich die Arbeitsplätze kommen, die die Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfeempfänger demnächst einnehmen sollen? Das wird merkwürdigerweise überhaupt nicht thematisiert. Auch die erheblichen Subventionen, die der Staat mit meinen Steuergeldern an Wirtschaft, Industrie und öffentlichen Sektor, an die EU und andere internationale Finanzierungsinstitutionen wie Weltbank und IWF vergibt, werden in der Debatte um die leeren Kassen nie erwähnt, ebensowenig wie die ungeheure Steuerverschwendung, die jedes Jahr vom Rechnungshof angeprangert wird. […]

Die kleinen „Reförmchen“, die Schröder und Co. mit der Kürzung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe einleiten wollen, sind völlig nutzlos, die wirklich großen Reformen wie die Einbindung der Selbstständigen und Beamten in die Renten- und Sozialversicherungen werden nicht angegangen, weil die Mehrheit unserer Bundes- und Landtagsabgeordneten Beamte sind und vom bisherigen System in großem Maße profitieren. […]

ANNETTE GROTH, Stuttgart