■ Press-Schlag: „Ich bin doch kein Springpferd“
Mike Kluge fehlte im schweizerischen Eschenbach bei der Weltmeisterschaft im Radcross, die er schon zweimal als Amateur und einmal als Profi gewonnen hat. Der Berliner konzentriert sich komplett auf die Mountainbike-Rennen im Frühjahr und Sommer, nachdem er erfolgreich Magen-Darm-Pilze und Bronchitis bekämpft hat: „Der kalte Winter im Gelände würde meiner Gesundheit auch nicht gut tun“, spricht Kluge ein Problem des Querfeldeinsports an. Andere kommen dazu: Weltmeisterschaften mit Schlammrennen wie in Hägendorf 1986 oder mit Hürden-Parcours wie in Koksijde 1993 haben das Image dieser traditionellen Radsportdisziplin beschädigt. „Ich kann keine Freude empfinden, wenn ich mich total eindrecke, und ich bin auch kein Springpferd“, definiert Kluge die neue Distanz zur Erfolgssportart.
Die Stars der Querfeldeinrennen wechseln immer häufiger zur Mountainbike- Szene. Aus schlichtem Grund: ihr gehört die Zukunft. Ein kompletter Industriezweig unterstützt die Zeitgeistdisziplin des Radsports. Inzwischen werden viermal mehr Mountainbikes und Trekking-Räder als traditionelle Rennräder verkauft. Der von einem Elektronikkonzern gesponserte Weltcup verspricht für jedes Rennen höhere Preisgelder als die Radcross-Weltmeisterschaften, die den Sieger mit 2.000 Schweizer Franken entlohnen. Auch das IOC beugt sich dem kommerziellen Trend und nahm Mountainbike ins olympische Programm für 1996 auf. „Die Querfeldeinfahrer und Mountainbiker werden vom Bund deutscher Radfahrer gleichberechtigt gefördert“, betont der für beide Disziplinen zuständige Bundestrainer Klaus Jördens. Nur die deutsche Industrie macht den Unterschied. Während im Querfeldeinsport kein Veranstalter die Kosten von 80.000 Mark aufbringt, um in die Weltcup-Serie zu rücken, können die hochdotierten WM-Rennen im Mountainbike im September in Kirchzarten stattfinden.
Da ist es kein Wunder, daß das Nationalteam, wie das WM-Rennen zeigte, der Weltspitze hinterherstolpert. Der Frankfurter Ralph Berner wurde Fünfzehnter in einer Disziplin, in der deutsche Radcrosser bereits zwölfmal Weltmeister wurden.
Ein Lichtblick bleibt die Schweiz. Dieter Runkel als Weltmeister und Beat Wabel als Dritter retten die Sportart in der Alpenrepublik. „Nach zwei erfolglosen Jahren drohten uns die Sponsoren mit Rückzug“, erzählt Carlo Lafranci (71), der als dienstältester Schweizer Nationaltrainer nach 52 WM-Medaillen seinen Abschied nimmt. Der neue König der Querfeldeinfahrer nutzte dann auch die Gunst der Stunde. Dieter Runkel unterschrieb einen Zweijahresvertrag beim Scott-Team – für Mountainbike-Rennen. Ole Richards, Eschenbach
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen