Papier des Umweltministeriums: Regierung fürchtet Strom-Knappheit
Das Bundesumweltministerium warnt intern vor Stromengpässen im Mai, wenn weitere Atommeiler vom Netz gehen - zur Revision. Experten halten die Sorge für übertrieben.
BERLIN taz | Wenn im Mai zusätzliche Atomreaktoren vom Netz gehen, drohen Engpässe im deutschen Stromnetz. Das steht in einem internen Papier des Bundesumweltministeriums (BMU), das am Donnerstag öffentlich wurde. Allerdings sei das Problem theoretisch beherrschbar, durch ein besseres Management der Netze, heißt es darin.
"Das interne Paper zeigt, dass das BMU selbstverständlich die Herausforderungen ernst nimmt, die mit dem Ausstieg aus der Kernenergie verbunden sind", teilte das Ministerium der taz mit. Die Frage, ob die deutschen Stromnetze ad hoc den Ausfall großer Teile der Atomkraftwerke verkraften können, wird seit dem Atom-Moratorium der Bundesregierung diskutiert.
Noch bis Mitte Juni sind die sieben ältesten der 17 Reaktoren vom Netz. Krümmel ist ohnehin dauerhaft in Revision. In den nächsten Wochen, so kündigten die Energiekonzerne an, sollen fünf weitere Reaktoren in Revision gehen.
Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, hat schon vor Wochen vor Stromengpässen gewarnt, aber zugleich erklärt, dass niemand Interesse an einem Zusammenbruch der Versorgung haben könne.
Hintergrund ist das deutsche Stromnetz: Es ist in verschiedene, miteinander verbundene Teilbereiche gegliedert, in denen sich Verbrauch und Produktion von Strom stets die Waage halten müssen. Sind in einem Bereich zu viele Kraftwerke abgeschaltet, könnte das Netz zusammenbrechen.
Felix Matthes, Energieexperte am Öko-Institut, aber gibt Entwarnung: "Für den Mai sehe ich keine Probleme", sagt er. Allerdings brauche Deutschland "langfristig einen Stresstest für die Netze".
Unterdessen zeigt der Machtwechsel in Baden-Württemberg Wirkung: Der AKW-Betreiber EnBW, an dem das Land beteiligt ist, will vom Bund - anders als etwa RWE - keinen Schadenersatz für das Atommoratorium der Bundesregierung verlangen. Zwei EnBW-Atomreaktoren sind davon betroffen. Am Freitag trifft sich Kanzlerin Angela Merkel mit den 16 Ministerpräsidenten, um über den Atomausstieg zu beraten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“