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Archiv-Artikel

PRESS-SCHLAG Auf Gedeih und Verderb

ist und bleibt Hertha-Fan

RALF SOTSCHECK

Abstieg. Welch hässliches Wort. Noch vor einem Jahr konnte man als Hertha-Fan von der Meisterschaft träumen. Und jetzt? In der nächsten Saison können wir die Fanfreundschaft mit dem Karlsruher SC erneuern, die seit den siebziger Jahren besteht. Die meisten Hertha-Spieler werden den Verein verlassen wie Ratten ein sinkendes Schiff. Wir Fans können das nicht. Dank der Ungnade des falschen Geburtsortes sind wir in die Froschgemeinde hineingeboren.

Einmal, in den langen dunklen Jahren der Zweitklassigkeit, habe ich einen Vereinswechsel versucht. Da viele meiner Freunde Borussia-Dortmund-Anhänger sind, probierte ich, auch einer zu werden. Es ging nicht. Von weitem sehen die Dortmunder Spieler in ihrer gelb-schwarzen Berufskleidung aus wie die Biene Maja. Solch einen Verein kann man nicht ernst nehmen. Gut, ein Club, der nach einem Dampfschiff benannt ist, strahlt auch nicht gerade Seriosität aus. Aber immerhin fährt die 1886 erbaute „Hertha“ heute noch auf der Kyritzer Seenplatte.

In Irland ist es einfacher. Weil die irische Liga fußballerisch nichts zu bieten hat, suchen sich die irischen Kinder einen Verein aus der englischen Liga aus, den sie unterstützen. Aus der englischen Liga! Das kann ich nicht. Von mir aus können alle englischen Vereine jedes Wochenende verlieren.

Statt dessen versuchte ich es mit Lobbyarbeit beim Deutschen Fußballbund: Ob man wegen des widrigen Wetters im letzten Vierteljahr 2009 vielleicht nur die Rückrunde zählen könnte? Dann wäre Hertha auf dem 11. Platz. Allerdings wäre Stuttgart dann Meister, und das will man ja auch nicht. Der DFB antwortete nicht mal auf meinen Vorschlag. So muss ich mich wohl mit dem Abstieg abfinden wie bereits vier Mal zuvor. Die schlimmste Demütigung erlitten wir 1986, als Hertha sogar aus der zweiten Bundesliga abstieg.

Für den Trainer Friedhelm Funkel ist der Abstieg keine neue Erfahrung, das hat er schon vier Mal hinter sich, und zwei Mal haben sie ihn wegen Erfolglosigkeit hinausgeworfen. So können Hertha und Funkel nun gemeinsam den fünften Abstieg begehen. Berlin ist demnächst vermutlich die einzige Hauptstadt der Welt, die kein Team in der obersten Spielklasse hat.

Doch Halt! Für Fatalismus ist es noch zu früh. Ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass der Abstieg noch gar nicht besiegelt ist: Gewinnt Hertha in Leverkusen und gegen Bayern, während Nürnberg, Freiburg und Hannover die letzten beiden Spiele vergeigen, stehen wir auf dem 15. Platz. Die Hoffnung stirbt zuletzt.