PRESS-SCHLAG : Penetrante Grasfresser
TIPPS UND TRICKS Ist der FC Bayern verwundbar? Oder kann er sich nur selbst schädigen wie am Wochenende gegen Augsburg?
Irgendwie enttäuschend, diese Bayern. Grob fahrlässig beenden sie eine Serie von 53 Spielen ohne Niederlage. In 65 Partien hatten sie vor dem Spiel gegen Augsburg mindestens ein Tor geschossen. Auch damit ist es nun vorbei. Was hätten sie nicht noch alles erreichen können. Der erste Klub mit einer Bundesliga-Saison ohne Niederlage hätten sie werden können. Historisch wäre das gewesen, wegweisend, phänomenal. Aber jetzt? Nicht mal den Stand von 21 Saisonspielen ohne Gegentor wie im Vorjahr unter Jupp Heynckes können sie heuer noch erreichen. Da hätten wir schon ein bisschen mehr erwartet von der roten Wundertruppe, nicht nur diesen abgezockten Pragmatismus.
Die Bayern interessieren sich nach der März-Meisterschaft nur noch für die Champions League. Die Bundesliga ist unwichtig geworden. Die Stars dürfen in den Niederungen des nationalen Fußballalltags pausieren. Der Nachwuchs bekommt eine Chance. Das kann man verstehen, aber damit verärgert man natürlich nicht nur die eigenen Fans, sondern auch die Liga-Konkurrenten, die nun schon vereinzelt von Wettbewerbsverzerrung sprechen. Was passiert denn bitte schön an den beiden letzten Spieltagen, wenn eine Rumpftruppe des FC Bayern, angeführt von Pierre-Emile Højbjerg und Mitchell Weiser, gegen die Abstiegskandidaten Hamburger SV und den VfB Stuttgart spielt? Nun ja, Fußball ist nicht gerecht. Und solche Situationen hat es immer mal gegeben. Man kann keiner Mannschaft vorwerfen, frühzeitig Meister geworden zu sein und den Fokus auf andere Finalspiele zu richten.
In denen muss sich der schier übermächtige FC Bayern eh strecken. Der Fußballexperte Mehmet Scholl hat ja schon vor dem Duell gegen den FC Augsburg orakelt, die Münchner würden bald schon besiegt werden. „Der Schlüssel, wie man die Bayern schlagen kann, ist greifbar nahe“, raunte Scholl. „Sie haben sehr viele Probleme mit aggressiven, lauffreudigen Gegnern, die überall auf dem Platz eins gegen eins spielen gegen sie. Das behagt ihnen nicht.“ Ist es wirklich so einfach? Aggressiv sein, lauffreudig und penetrant – und schon wankt der Riese? Ganz so simpel ist es nicht, denn was Scholl da aufzählt, sind nur Tugenden, die heute in jedem Spiel wichtig sind. Entscheidender sind Eingebungen, kreative Ideen, geniale Pässe in die Tiefe, punktgenaue Flankenbälle und Zweikampfsiege in Strafraumnähe. Nicht zu vergessen: Ballgewinne im Mittelfeld und schnelles Umschaltspiel. Kompakt muss man natürlich auch stehen, sich in die Wadl des Gegners verbeißen und Gras fressen, wie es so schön heißt. Es ist also ganz einfach, die Bayern zu schlagen. Am Mittwoch darf sich Manchester United in dieser Kunst versuchen. MARKUS VÖLKER