PRESS-SCHLAG : Und Schalkes Weiber werden Meister
Fußball ist ein Kampfsport. Geht den Spielern die Lust am Kampf verloren, stehen die Fans auf der Autobahnraststätte ihren Mann
Sie wollten wahre Männer sein. Keine Weiber, keine Memmen, wie die, wegen denen sie unterwegs waren. Sie wollten sehen, ob sich die, die noch vor gar nicht langer Zeit ihre Helden waren, noch einmal zusammenreißen können, sich noch einmal präsentieren wie, na, wie Männer eben. Früh am Morgen schon waren sie in ihre Bayernkluft und kurz darauf in den Bus nach Mönchengladbach gestiegen. Pinkelpause auf der Raststätte. Und dann steht da dieser Bus mit Fans des 1. FC Nürnberg, die auf dem Weg nach Gelsenkirchen sind, der Bus mit diesen Clubberern, die wegen ihrer Fanfreundschaft zum Schalkeanhang nicht allzu gut gelitten sind bei echten Bayern. Echte, harte Münchner wissen, was zu grölen ist: „Tod und Hass dem FCN!“ Jetzt steht er da, der Bus. Jetzt können sie zeigen, dass sie keine Waschlappenwarmduscherweicheier sind. Jetzt wollen sie selber Meister werden. Angriff! Flaschen fliegen. Eine trifft. Die Frau des Fahrers dieses Frankenbusses muss ins Krankenhaus. Die Polizei verhaftet 80 wahre Männer.
Schwalbe auf Schalke. Nürnbergs Galasek rutscht über den Rasen. Er setzt zur Grätsche an, obwohl er viel zu spät dran ist. Den Ball kann er nicht treffen, und den Gegenspieler, den verfehlt er auch. Schalkes Hamit Altintop springt ab und lässt sich fallen. Rot für Galasek. Und Wut auf Schalkes Weiber. Nürnbergs Torwart Schäfer ist stocksauer auf die Spitzenreiter der Liga: „Die fallen bei jeder Gelegenheit und haben Tränen in den Augen. Das hat mit Männersport nichts zu tun.“ Genau. Wahre Männer weinen nicht.
Hannovers Hanno Balitsch ist ein solcher. Kiefer ausgerenkt, schwere Prellungen im Gesicht. Er wollte weiterspielen, konnte aber nicht. Ein anderer Kerl war schuld. Einer, der so richtig zulangen kann. Einer, der schon einmal richtig zugelangt hat. Vragel da Silva, Cottbus’ Brasilianer, fuhr den Ellenbogen aus, als der Schiedsrichter woanders hingesehen hat. Im Dezember hat er schon den starken Max markiert und dem Stuttgarter Arthur Boka eine gelangt. Das DFB-Gericht hatte die Fernsehbilder angesehen. Drei Spiele wurde da Silva seinerzeit gesperrt. Jetzt wird wieder ferngesehen beim DFB. Ein lange Sperre ist wahrscheinlich. Wahre Männer kämpfen Fußball. Und manchmal gibt es Rot. Na und?
Friedhelm Funkel, Frankfurts Trainer, war, als er noch Fußballer war, nicht unbedingt ein Spieler, er war ein Kämpfer, war ein Mann. Als Trainer will er seine Mannen kämpfen sehen. Spielen kommt an zweiter Stelle. „Wir haben uns über den Kampf ein gutes Spiel erarbeitet“, hat er nach dem 4:0 gegen Aachen gesagt. Nicht nur Funkel denkt so. Fußball ist ein Kampfspiel. Die meisten in der Liga sprechen so. Fußball ist ein Männersport. Und Schalkes Weiber werden Meister. ANDREAS RÜTTENAUER