PRESS-SCHLAG : Es geht ihm gut
SPASSFUSSBALLER Franck Ribéry kann wieder kicken. Er folgt seinem Trainer aufs Wort und macht sogar Verteidigungsarbeit
FRANCK RIBERY ÜBER SEINEN SOHN
Immer wieder muss Jupp Heynckes nun erklären, warum Franck Ribéry denn wieder so toll Fußball spielt. Der Bayern-Coach spricht dann von Vertrauen, das ein Spieler erst mal in den neuen Trainer fassen muss. Er spricht von sozialer Kompetenz, die ihm der Leverkusener Verteidiger Stefan Reinartz bei seinem Abschied bescheinigte. Und er fühlt sich an seine eigenen Anfänge als Stürmer erinnert: „Franck Ribéry ist ein Fußballer, wie wir früher das auch waren: einer, der auf der Straße Fußball spielen gelernt hat.“ Warme Worte für den Emotionskicker Franck Ribéry.
Zu Heynckes hat der Franzose einfach Vertrauen: „Ich mache, was er will.“ Will sagen: sogar Defensivarbeit. „Der Trainer ist gut für alle“, meint der Franzose, „er redet mit allen viel.“ Dem 66-jährigen Coach einen seiner gefürchteten Streiche zu spielen, hat er sich bisher jedoch nicht getraut: „Da muss ich noch ein bisschen warten.“ Späße macht Ribéry derzeit vor allem zu Hause, mit dem „Schwert des Islam“, seinem vor zwei Wochen geborenen Stammhalter namens Saif al-Islam. „Er hat so viele Haare! Ein bisschen lachen mit ihm – das tut gut“, erzählt der stolze Papa. Zum Schlafen muss er in der Nacht zwar manchmal die Tür zum Kinderzimmer schließen, aber seiner guten Laune schadet das nicht: „Mein Kopf ist frei, mein Körper ist gut.“ Schlechte Nachrichten für die Konkurrenz aus Hoffenheim, gegen die der FC Bayern heute spielt. Schlechte Nachrichten auch für das restliche Europa.
Nach dem famosen 2:0 gegen Manchester City fand der Held des Abends spät zur Ruhe. Erst gegen fünf Uhr in der Früh fielen Ribéry endlich die Augen zu. Zu aufgewühlt war der Franzose noch nach diesem berauschenden Champions-League-Abend, nach dem neuerlichen Jubelsturm in der 89. Minute, als Ribery in angemessener Gemächlichkeit zu seiner Auswechslung schlurfte, gefeiert von den 66.000 Zuschauern, geherzt vom sichtbar ungeduldigen Rekonvaleszenten Arjen Robben, umarmt vom neuen Lieblingstrainer Jupp Heynckes. Noch am Tag danach stand er unter dem Eindruck des Erlebten: „Was im Moment passiert, ist unglaublich! Wahnsinn!“
Was im Moment passiert, ist der wohl beste Ribéry, den der FC Bayern erlebt hat. Das nun schon seit vielen Spielen und in der „besten Bayern-Mannschaft, in der ich gespielt habe“, meinte der Franzose, besser sogar als die Truppe in seinem ersten Jahr bei Bayern, damals 2007. Das 2:0 gegen die starken Engländer sei „ein Signal an Europa“ gewesen.
Auch gegen Manchester City machte der Flügelflitzer mal wieder den Unterschied aus, neuerdings auch in der eigenen Hälfte: „Ich mag nicht Defensivarbeit, aber ich muss“, sagte er zu seinem neuen Betätigungsfeld, das ihm jedoch sehr viel Kraft abverlangt, wie er zugibt: „In den letzten Minuten war ich ein bisschen tot.“ Ob auch er mal eine Rotationspause bekommt? „Das ist möglich“, meint Ribéry, schiebt aber sofort hinterher: „Aber ich will natürlich auch am Samstag gegen Hoffenheim spielen.“ Natürlich.
Für den wiederentdeckten Eifer gab es dann reichlich Lob. Heynckes hatte es nur in großen Scheinen: „Ribéry hat eine Weltklasseleistung gezeigt.“ Franz Beckenbauer meinte: „Wie wachgeküsst.“ Mario Gomez lobte: „Franck ist in einer Form, die er halten muss. Er ist für uns unersetzlich und wäre auch für jede andere Mannschaft unersetzlich.“ Auch der Mannschaftskapitän wollte sich nicht zurückhalten: „Es arbeiten alle vorbildlich in der Defensive, auch ein Franck Ribéry“, meinte Philipp Lahm, „er marschiert 85 Minuten von vorne nach hinten und gliedert sich ein. Das ist der Unterschied.“ Der Unterschied zum vergangenen Jahr, zu einem längst verdrängten Extrainer. Mit jenem gestrengen Louis van Gaal hatte Ribéry wirklich nicht so viel Spaß.
THOMAS BECKER