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PRESS-SCHLAGDer Traktor holpert

■ Der Schweriner SC müht sich, in die Fußstapfen des einstigen Volleyball-Giganten Traktor zu treten

Gänsehäutig schlotterten sie in die Halle, jede hätte sich wohl gewünscht, mit Fingerwärmern spielen zu dürfen. Acht Grad plus zeigte das Thermometer, 19 Grad wärmer als draußen vor der Halle in der rumänischen Hauptstadt. Die Volleyballerinnen des Schweriner SC mochten es hernach auf die Kälte geschoben haben, daß sie nur mit Mühe gegen Rapid Bukarest den Einzug in die Finalrunde des Europapokals geschafft haben. 0:3 verloren, machtlos gegen die offenbar gefriergetrocknet-lässig aufspielenden Rumäninnen. 20 Punkte waren das Soll der Mecklenburgerinnen, da Bukarest im Hinspiel nur 19 geschafft hatte. Am Schluß waren es dann sogar fünf Punkte mehr als benötigt. Gerade noch rechtzeitig waren die Akteurinnen um die Nationalspielerinnen Ute Steppin und Christina Schultz aufgetaut.

„Einzug in die Finalrunde geschafft, mehr wollten wir nicht“, freute sich Rüdiger Born, Chef des Vereins, der früher in der DDR Traktor Schwerin hieß. 1975 gewannen die Frauen den Europapokal der Pokalsiegerinnen, drei Jahre darauf die Siegestrophäe für Landesmeisterinnen. Geschult wurden die Stars bis in jüngste Wendezeiten im riesigen Sport- und Konferenzkomplex etwas abseits des Schweriner Stadtkerns. Hermetisch abgeriegelt, stand es allen offen, die dort für höhere sportliche Meriten ausgebildet werden sollten. Besichtigungen von „Nichtbefugten“ waren ebenso gern gesehen wie hierzulande ein Spaziergang über das Gelände der WAA Wackersdorf oder ein amerikanisches Militärgelände zu besten Friedensbewegungszeiten.

Heute muß sich der Volleyball in der Hauptstadt des nördlichsten Bundeslandes der früheren DDR am Markt beweisen. Und zu sehen ist: Volleyball ist wie sonst auch in der alten Republik eine Disziplin für Kenner, andere würden sagen: eine Randsportart. 150 Zuschauer kommen zu den Heimspielen, nur wenige mehr zu denen des Männerteams. „Boxen ist hier viel populärer“, sagt Rüdiger Born, „Volleyballer haben doch im öffentlichen Leben hier nie eine Rolle gespielt.“ Daß sich dies ändern soll, zu diesem Zwecke ist Born angetreten, ein Yuppie mit DDR- Flair, Inhaber einer Sportmarketingfirma und damit Nutznießer seiner über den Volleyball erworbenen Kontakte.

Streng erfolgsorientiert werden beide Teams durch die Gefilde der Bundesliga geführt, doch „die sind eben das harte Bundesligageschäft noch nicht gewöhnt“. Vorletzte sind die Männer, etwas besser ergeht es den Frauen, die sich noch Hoffnungen auf einen Platz in der Play-off-Runde machen dürfen.

Für diese Saison stehen beiden Teams 700.000 Mark zur Verfügung. Der Bürgermeister Schwerins hat sich gar breitschlagen lassen, erster Vereinsvorsitzender zu werden. Er weiß offenbar, daß es seiner Kapitale zur Zierde gereicht, in den sportlichen Ergebnisdiensten genannt zu werden. Entlohnt werden die Spielerinnen und Spieler wie überall: Man sucht ihnen Ausbildungsplätze, bedenkt sie mit kleinen Präsenten, zahlt ihnen Aufwandsentschädigungen und ermöglicht vielen von ihnen so ein Dasein als Professionals.

Doch, wie gesagt, alle Akteure sind, das hat der Ossi Rüdiger Born als beflissener Azubi in Sachen Westkultur sehr genau beobachtet, nicht gut genug, um mithalten zu können gegen die Könnerinnen und Könner aus Feuerbach, Wuppertal, Leverkusen, Moers oder Münster. „Für das Frauenteam brauchen wir noch zwei Ausländerinnen“, dekretiert er vorausschauend für die kommende Saison, „selbst gute sind jetzt, wo die Sowjetunion nicht mehr besteht, billiger zu haben als Spielerinnen aus Deutschland.“ Soll heißen: die weniger verwöhnten Athletinnen aus der Sowjetunion kommen jetzt zuhauf auf die westlichen Spielermärkte. Wahrscheinlich werden sie auch nicht so jammern, wenn es einmal gelten sollte, in einer eiskalten Halle irgendwo in Bukarest die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Jan Feddersen

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