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Archiv-Artikel

PORTRAIT MARCO KURZ VON FRANK HELLMANN Die Mütze

Es ist ein schönes Ritual beim 1. FC Kaiserslautern, dass nach Schlusspfiff niemand sofort in der Kabine verschwinden darf. Weder vom Betreuerstab noch aus dem Spielerkreis. Denn Trainer Marco Kurz gibt nach jedem Spiel noch auf dem Platz in trauter Runde eine emotionale Losung aus – selten ist dem impulsiven Fußballlehrer, der auch an milden Wintertagen eine ulkige Wollmütze trägt, diese Prozedur so schwer gefallen wie nach der so unglücklichen wie überflüssigen 2:3-Niederlage am Samstag in Hoffenheim.

Viele beim Verlierer wären am liebsten sofort in den Katakomben der Rhein-Neckar-Arena verschwunden – während die Hoffenheimer ihr Glücksgefühl über den ersten Heimsieg seit fast vier Monaten auskosteten, schämten die Pfälzer sich für ihre Dummheit. Mittelfeldmann Christian Tiffert sagte: „Unsere Kontrahenten müssen nicht viel tun, um ein Spiel zu gewinnen.“ Dasselbe Klagelied kam auch aus Kurz’ Munde: „Höflich gesagt, laden wir die Gegner zu häufig zu Toren ein. Die Ergebnisse zeigen, dass wir nicht vor Selbstvertrauen strotzen.“

In der Liga von den Bayern versohlt, vom Nachbarn Mainz geschlagen, im Pokal vom Zweitligisten Duisburg blamiert – der Trend ist negativ, was Kurz, 41, aber vorgeblich nicht überrascht. „Als Aufsteiger begegnet dir dieser Moment.“ Dennoch ist es besorgniserregend, dass auch die Begriffe Naivität und Blauäugigkeit in diesem Zusammenhang fielen, so dass sich die Talfahrt der im neuen Jahr sieglosen Lauterer fortsetzen könnte.

„Wir sind in einer Phase, die typisch für einen Aufsteiger ist, der sich keine gestandenen Erstliga-Spieler leisten konnte“, sagte auch Vorstandschef Stefan Kuntz, „wir müssen weiter so arbeiten, dass wir klar oder mit Gewürge über diese Hürde drüberkommen“. Dummerweise könnte die nächste Hürde höher kaum sein – am Betzenberg stellt sich ausgerechnet Borussia Dortmund vor. Kurz, eigentlich ein optimistischer Vertreter seiner Zunft, hat noch keine Losung parat: „Es ist die Frage, wie wir all das kompensieren, wenn es gegen den Tabellenführer geht.“