: „Ohne Messer wäre überhaupt nichts passiert“
■ Drei Jahre Haft für Ex-„Republikaner“ wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und fahrlässiger Körperverletzung: Das Opfer war eine Anhalterin
Der ehemalige stellvertretende Weddinger Kreisvorsitzende der „Republikaner“ Detlef Tanneberger (28) wurde gestern wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und fahrlässiger Körperverletzung zu drei Jahren Haft verurteilt. Der Angeklagte hatte in der Nacht zum 15. Juli eine 29jährige Anhalterin in dem Lastwagen seiner Werbefirma mitgenommen und sie mit einem Messer bedroht, bevor er sie vergewaltigte. Vor Gericht gab er die Tat gestern erstmals zu, nachdem er bislang immer behauptet hatte, die Frau habe freiwillig mit ihm geschlafen. Der Prozeß wurde von zahlreichen Zuschauerinnen verfolgt, die das Urteil lauthals als „Scheiß-Urteil“ und „typisch für Männerjustiz“ brandmarkten.
Die 29jährige Lehrerin Gabriele K. hatte am 14. Juli den „Bal Populaire“ vor dem Reichstag besucht und sich gegen zwei Uhr morgens zum Autostop in Richtung Wedding nach Hause entschlossen, weil der Nachtbus nicht kam. Als sie am Nettelbeckplatz aus dem Lkw des Angeklagten aussteigen wollte, stoppte er nicht, sondern parkte in der Plantagenstraße. Er hielt die Beifahrertür zu und zwang die Zeugin unter Vorhalten eines Messer nach hinten auf die Ladefläche zu klettern, um sie dort zu vergewaltigen. Der Angeklagte war kurz nach der Tat in seiner Wohnung festgenommen worden, weil sich Gabriele K. die Autonummer gemerkt hatte.
Detlef Tanneberger - der eigenen Angaben zufolge seit Montag nicht mehr Mitglied der „Republikaner“ ist bestätigte gestern erstmals, daß Gabriele K.s Aussage „der Wahrheit entspricht“. Sofort nachdem die Frau zu ihm ins Auto gestiegen sei, habe er „Lust verspürt mit ihr zu schlafen“. Dieser Gedanke habe ihn während der zehnmütigen Fahrt beschäftigt. Den Entschluß zu der Tat wollte er jedoch erst gefaßt haben, als er angehalten hatte. Er habe so etwas zum ersten Mal in seinem Leben gemacht, sagte der Angeklagte mit Hinweis darauf, daß er das Messer zufällig in seinem Wagen gehabt habe. Dieses „Schuldobjekt“ habe er gleich nach der Tat weggeworfen: „Wenn ich es nicht gehabt hätte, wäre es nicht passiert.“
Aufgrund der Aussage des Angeklagten blieb Gabriele K. gestern eine detaillierte Befragung zum Tatgeschehen erspart. Dafür zeichneten sich der Gerichtsvorsitzendene Hüller und die beisitzende Richterin um so mehr durch zweifelhafte Fragen aus, wie: „Waren Sie allein auf dem 'Bal Populaire‘?“ „Waren Sie frustriert, als Sie nach Hause wollten?“ oder „Haben Sie sich nicht überlegt, den Täter mit einer Einladung zu sich nach Hause hinzuhalten?“ Die Zeugin konterte darauf offensiv, indem sie zurückgab: „Geht Sie das etwas an?“ Insgesamt ließ Gabriele K. keinen Zweifel daran, daß sie alles Erdenkliche tat, um der Vergewaltigung zu entgehen und „notfalls auch zugestochen“ hätte, wenn sie an das Messer gelangt wäre. Kurz und bündig war auch ihre Erklärung zu den Folgen der Tat: „Ich gehe weiter nachts aus, beim Trampen habe ich inzwischen Bedenken.“
Das Gericht begründete die dreijährige Haftstrafe damit, daß der Angeklagte die Zeugin erheblich seelisch und körperlich verletzt habe. Zu seinen Gunsten spreche jedoch sein Geständnis, und daß es eine „Spontantat“ gewesen sei, „die nicht schon lange geplant war“. Die Staatsanwältin hatte vier Jahre und sechs Monate gefordert, weil die Frau ihm völlig ausgeliefert gewesen sei.
plu
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