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Offener Brief-betr.: Verleumdungskampagne gegen Rechtsanwalt Wolfgang Schnur

Betr.: Verleumdungskampagne gegen Rechtsanwalt Wolfgang Schnur

Ekel und Wut erfüllen mich angesichts der Angriffe gegen Herrn Wolfgang Schnur. Sicherlich nicht ohne Zufall spielte „man“ 10 Tage vor der Wahl in der DDR dem Bürgerkomitee in Rostock Unterlagen zu, die angeblich den Beweis für Herrn Schnurs Stasimitarbeit liefern. Es kann sich nur um Fälschungen handeln! Ich kenne Herrn Schnur seit vielen Jahren und habe ihm sehr viel zu verdanken. Er gewährte mir während meiner vierjährigen Wartezeit auf die Ausreise aus der DDR Schutz und Hilfe, die weit über das zu erwartende Maß hinausgingen. Er bewahrte mich vor einer Stasi-U-Haft, hätte doch aber laut „aufgefundener“ Papiere genau das Gegenteil erwirken müssen. Er tat für mich Dinge, die entsprechend geltendem „Recht“ der DDR ihn und mich mindestens acht Jahre ins Gefängnis hätten bringen können. Viele Leidensgefährten könnten Ähnliches berichten.

Sein tiefer Glaube an Gott und seine hohe Moral waren ihm Stütze und Antrieb zugleich, die immensen Anstrengungen für ein wenig Gerechtigkeit in einer Diktatur auf sich zu nehmen. Den weitaus größten Teil seiner Zeit opferte er dem Einsatz für Bedrängte, Bespitzelte und Verfolgte.

Es spricht nicht für die Bürgerkomitees, die doch wissen müßten, daß der Stasi kein Jota Vertrauen geschenkt werden darf, daß sie jetzt bereitwilligst eindeutige Fälschungen in den Rang von Beweisen erheben. Die Stasi fälschte was nur irgend zu fälschen ging, dennoch wird ehemaligen Mitarbeitern dieser Unterdrückungsmaschinerie noch gelaubt. Ich bin sicher, die Wahrheit wird ihre Weg finden und ein weiteres dunkles Kapitel jüngster Geschichte schreiben, in dem wir Namen der Hintermänner dieser widerlichen Verleumdung lesen werden.

Rüdiger Joswig, Berlin-West (Dieser Brief ist durch eine Post-Verzögerung erst am 23. 3. bei uns eingegangen. - D. Red.)

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