Off-Kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Agent Grant (Stephen Boyd) betritt das unterirdische Hauptquartier der Combined Miniature Deterrement Forces und erfährt Ungeheuerliches: Man könne, so General Carter, Menschen und Dinge mittlerweile auf Miniaturgröße schrumpfen lassen, doch leider halte der Effekt nur eine Stunde an. Den Schlüssel zur Lösung des Problems besitze ein übergelaufener osteuropäischer Forscher, der jedoch gerade mit einem Blutgerinnsel im Gehirn im Koma liege. Deshalb wolle man ein Team von Spezialisten miniaturisieren und es per Atom-U-Boot ins Körperinnere des Wissenschaftlers schleusen, um die krankhafte Stelle vor Ort zu operieren: Willkommen in der psychedelischen Blubberwelt des menschlichen Körpers! Mit einem Budget von rund 6,5 Millionen Dollar war „Die phantastische Reise“ (Regie: Richard Fleischer) die seinerzeit teuerste Science-Fiction-Produktion der Filmgeschichte, was nicht zuletzt an den aufwändigen Bauten und Dekorationen lag: Auf dem Gelände einer Sportarena bildete man das arterielle und venöse System sowie Herz, Lunge und Innenohr des Menschen nach. 1965 gewann der Film die Oscars in den Kategorien Art Direction und Spezialeffekte, aus heutiger Sicht sorgen Pappmachee sowie farbig angeleuchtete Plastikplanen und Gazeschleier eher für trashigen Charme. In der Dramaturgie kommt derweil Murphy’s Law zum Tragen: Alles was schief gehen kann, geht schief. Die Crew verfährt sich, der Antrieb verklemmt, ein Saboteur ist an Bord. Der Spaß, den man an der phantastischen Reise verspürt, verdankt sich dem Umstand, dass das wahrhaft Absurde hier stets mit großem Ernst und Engagement vorgetragen wird. Zudem ist die enorm dekorative und kurvenreiche Raquel Welch dabei, die gelegentlich den Laser poliert und schließlich von „Antikörpern“ angegriffen wird – was ihren männlichen Kollegen hinreichend Gelegenheit gibt, ihr den hautengen Taucheranzug vom Leib zu reißen und mächtig an ihr herumzufummeln.
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Ob der einsame Müllmann sein Glück mit der Supermarktkassiererin versucht oder ob die Leningrad Cowboys die Karriere in Amerika statt in der Tundra starten: In Aki Kaurismäkis Filmen geht es immer wieder darum, dass die Protagonisten den Widrigkeiten des Lebens zum Trotz ihr kleines Glück suchen. „Tatjana“ erzählt das in Form eines Roadmovies: Ein Automechaniker und ein Näher brechen aus ihrem Alltag aus und fahren mit dem Auto durch Finnland; ihre Reise führt sie von Bar zu Bar. Eigentlich sei Ibiza ein besseres Reiseziel, meinen sie noch, ansonsten wird getrunken, geraucht und geschwiegen. Dann sitzen irgendwann zwei Anhalterinnen mit im Wagen, die zur Fähre nach Tallinn wollen. Man trinkt, raucht und schweigt weiter, doch am Ende wartet die Überraschung: Die Männer fahren mit nach Estland, und der Mechaniker wird bei Tatjana bleiben. Die aufkeimende Liebe hat Kaurismäki so lakonisch gestaltet wie den Rest des Films: Einmal hat der Mechaniker Tatjanas Koffer getragen, einmal hat sie den Kopf an seine Schulter gelehnt. LARS PENNING